Seite:Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie.pdf/390

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Er unterbrach sich, indeß er ein kurzes Lachen aufschlug. Dann aber ward der Alte sehr ernst.

– Ihr wollt natürlich Euch doch an Eure Staffeleien und zwar unverzüglich begeben? fragte er scharf.

Die Verspotteten bewahrten ziemlich ihre Fassung. Sie sahen sich an, räusperten sich ein wenig und Philipp Koningk trat sehr würdevoll einen Schritt vor.

– Nein, Meister Rembrandt, heute gedachten wir mit Eurer Erlaubniß nicht zu arbeiten . . .

– Was denn wollt Ihr? Etwa Euch den Zechgesellschaften dieser Pinseler, dieser Gurkenmaler anschließen, welche Meister zu sein glauben, weil sie einmal einen Dummkopf fanden, der ihnen eine ihrer Sudeleien abkaufte?

– Ihr kennt uns zu gut, Meister; erwiederte Eeckhout, welcher es liebte, sich pathetisch auszudrücken; unser Dichten und Trachten ist auf das Hohe und Höchste gerichtet . . .

– Deshalb . . . fuhr Koningk fort.

– Was denn, deshalb? unterbrach ihn Rembrandt barsch.

Den Jünglingen war die Sprache unmöglich.

– Was führt Euch hierher? rief der Meister. Wollt Ihr mich wild machen?

Die Unterredung war etwas laut geworden.

Die eine Thür des Ateliers, welche in die Gemächer des Malers führte, öffnete sich etwas und herein blickte ein wunderbar schöner, und ausdrucksvollerer als formenschöner siebzehnjähriger Mädchenkopf, dessen glänzend frische Augen ziemlich erstaunt die drei Männer betrachteten.

Die Jünglinge wandten sich wie auf ein Signal und starrten diesen Mädchenkopf an, wobei Koningk sehr blaß und Eeckhout sehr glühend im Gesicht wurde. Das Mädchen verschwand.

– Ach so! machte Rembrandt gedehnt. Also doch! Wollt Ihr, Mynheers, die Güte haben, Euch niederzulassen und mir Eure Eröffnungen zu machen?

Die Schüler setzten sich mit schwerem Herzen auf ihre wohlbekannten Schemel nieder.

– Wir wollen uns ein Herz fassen . . . sagte Koningk, den Cameraden heimlich anstoßend.

– Ja, das wollen wir! sagte Eeckhout, welcher, ohne es zu wissen, sehr laut sprach.

– Fang Du an zu sprechen!

– Nein, Du! murmelte Gerbrand.

Koningk sammelte sich einen Augenblick; dann streckte er wie weiland der Apostel Paulus vor dem Könige Agrippa rednerisch die Hand aus. Schade, daß ihm die „große Kunst“ seines alten Vorbildes abging.

– Mynheer Rembrandt van Ryn . . . begann Koningk . . . Wir wollen ohne Umschweife reden.

– Ist mir wahrlich nicht unangenehm . . . bemerkte der Alte.

– Wir, Gerbrand und ich, sind Busenfreunde. Zugleich das Glück genießend, von Euch, Meister, gebildet zu werden . . .

– Kürzer, Philipp, kürzer! sagte Rembrandt.

– Gut! Wir sind genau zusammen verbunden . . .

– Das heißt unsere Seelen! schaltete Eeckhout erhaben ein. Unsere Gedanken verfolgen dieselbe hohe Richtung . . . dasselbe glänzende Ziel! Wir stimmen aufs genaueste mit einander zusammen . . .

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/390&oldid=- (Version vom 1.8.2018)