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starben, als nur ein Wort sagten, das geeignet gewesen wäre, die Pläne der Spanier nur um einen Schritt weiter zu fördern.

Fast verzweifelnd ritt Ambrosio Spinola, vielleicht zum zweitausendsten Mal, eines Abends durch die Trancheen, um eine Recognoscirung zu unternehmen, von welcher er sich heimlich seufzend gestand, daß sie eben so wenig wie alle anderen Erfolg haben werde. Als er mit etwa 20 Mann seiner wallonischen Garde, die, gut verpflegt und richtig bezahlt, Muster des Gehorsams war, die vorgeschobenen Zeltreihen und dann die Batterien passirte, hörte er von den castilischen, gelb und schwarz gekleideten, Reiterregimentern und von den wilden Massen der navarresischen Fußknechte Aeußerungen, die mehr als Murren waren. Sie fluchten auf den vorbeireitenden Feldherrn, sie verlangten, mit drohenden Bewegungen ihrer langen Musketen und Hellebarden, nach Spanien zurückgeführt zu werden und zwar auf der Stelle.

– Dort winkt reiche Belohnung, Kinder; sagte der Feldherr, sehr gütig lächelnd; als einer der Musketiere, die Waffe zum Anschlage bereit, auf ihn zutrat; Ostende birgt noch Schätze genug, um Euch reich für alles ausgestandene Ungemach zu belohnen!

– Wir werden sehen! sagten die Navarresen, einigermaßen beschwichtigt. Als Spinola aber fort ritt, da legten sie wie zur Probe ihre Musketen an, und murmelten grimmig ihr: – Carajo! Italienischer Hund! –

Nur mit noch schwerer gewordenem Herzen entfernte sich der Feldherr; denn er wußte nur zu wohl, daß von Madrid aus Alles, aber nur das nicht zu erlangen war, was allein diese kampfgewohnte, wilde Soldateska gefügig und zahm machen konnte: – Geld!

Und drüben über den breiten, schier mit Wasser angefüllten, Gräben starrten Ostende’s Wälle noch ebenso unerschütterlich und verderbensprühend, wie am Tage der Eröffnung dieser furchtbaren Belagerung. Um die Situation Spinola’s noch kritischer zu machen, waren einige holländische Schiffe unter Heemskerk durch die spanische Blokadeflotte geschlüpft und in den Hafen gekommen, und der unermüdliche, listige Moritz von Oranien führte ein auserlesenes Corps herbei, um ihn zur Aufhebung der Belagerung zu zwingen.

Oraniens Vortrab hatte sich in der Flanke Spinola’s bereits vor zwei Tagen gezeigt, und derselbe war nur Schritt vor Schritt, tapfer kämpfend, gewichen.

Spinola kam auf den Kampfplatz. Er war unfern einer Windmühle, die an einem Küstenflüßchen gelegen, auf einem Felsen stand, und wegen der eignen Bedürfnisse des spanischen Heeres bisher geschont war. Hier hielt er sein Roß an, und näherte sich einem Vorposten von baskischen Musketieren und Lanzenknechten, welcher nahe der Brücke sich aufgestellt hatte, die zugleich über den seichten Bach und zu dem Felsen führte, auf welchem die Mühle lag. Während die Bedeckung von den Wallonen ihre Rosse in den Bach ritt, um dieselben zu tränken, musterte Spinola mit Adlerblicken die äußersten Vorwerke Ostende’s.

Von dieser Seite her war die Stadt nur immer eingeschlossen, noch nie berannt und beschossen. Ein gewaltiges, kanalartiges Gewässer dehnte sich hier in solcher Breite, daß die Anlage der Breschbatterien zwecklos erschien, selbst wenn der Graben nicht so tief gewesen wäre. Spinola faßte dennoch diesen Punkt fest ins Auge. Eben war er im Begriff, abzusteigen und sich auf die Windmühle zu begeben, als er oben auf der Gallerie derselben eine junge, höchst reizende niederländische Bäuerin sah, die auf ihn und seine kriegerisch glänzenden Begleiter nur

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)