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Floribert wird auch noch einen dergleichen übrig haben, den er jetzt nicht mehr benutzt; dann hast Du zwei. Und dann arbeitest Du, und wirst ein großer Meister und wirst reich, wie Rembrandt und Rubens und Dow. Sieh’, Aart, und dann, wenn Du Deiner dereinstigen Geliebten einen Hochzeitsschmuck schenken können wirst, gleich dem, welchen ich von Floribert van Möllern erhielt, dann, mein armer Freund, heirathest Du auch! Sieh’ hier; so etwas verlangen heut zu Tage die Bräute von ihrem Anbeter . . .

Aart van Sluyner starrte die schöne Sprecherin an. Sie hielt ihren Schmuck sammt Perlen und Ohrgehänge in der Hand und ließ die Kostbarkeiten in dem Strahle der Lampe spielen, so daß der Maler kaum seine Augen drauf heften konnte. Nach einer kurzen Pause verließ er, ohne ein Wort zu sagen, das Gemach und lief, gleich einem Irrsinnigen, zum Hause hinaus.

Am andern Tage sprach Aart im Atelier kein Wort. Er sann und sann . . . Rache war’s, die er im Herzen trug. Etwas Düsteres ahnend, ging Kaspar Netscher und begab sich zu Jakobäa, die er mit seiner vollendeten Sorgfalt und bewunderungswürdigen Treue zu malen begann, wie sie vor ihrem reichen Putztische saß. Während dieser und der folgenden Sitzungen lenkte Jakobäa oft das Gespräch auf Aart von Sluyner; der Meister vermied, ihr zu antworten. Das Mädchen lobte den Maler wegen seiner unbeschreiblichen Sanftmuth und der unermüdlichsten Bereitwilligkeit, womit er sich in alle ihre Launen gefügt habe.

– Fast scheint es, sagte endlich der arbeitende Meister, einen Augenblick innehaltend, als hättet Ihr an Mynheer van Möllern dergleichen Eigenschaften nicht zu rühmen . . .

– Doch wohl; aber Floribert tirannisirt mich, er quält mich . . . Er hat mir diese Perlen nur geschenkt, um mich wieder zu besänftigen . . . Wißt Ihr, Floribert ist noch eifersüchtiger, als es selbst der Großsultan der Heiden sein kann . . . Und gedenke ich daran, so graut mir’s und ich erinnere mich, daß Aart von Sluyner sicherlich einer solchen unsinnigen Eifersucht nicht fähig sein würde. Wartet nur; Floribert kommt bald; ich werde das Gespräch auf Eifersucht bringen und da werdet Ihr meine Partei nehmen und ihm sagen, daß eine Braut nicht geplagt werden dürfe, denn Mynheer de Thouens steht mir gegen Floribert gar nicht bei . . .

Als Kaspar Netscher wieder zu seiner Werkstatt zurückkehrte, war’s wieder Abend geworden. Die Schüler waren lange fort. Aart aber harrte noch. Er hatte sich mit dem Kopfe auf die Tischplatte gelegt und dem Alten schien es, als habe der Jüngling, der Heftigkeit seiner Empfindungen nachgebend, geweint.

Aart wollte, bevor er nach Hause ging, erst hören, was während der Anwesenheit des Meisters in de Thouens’ Hause vorgegangen sei. Er beschwor Netscher, ihm kein Wort zu verbergen, was Jakobäa gesagt hatte. Der Meister glaubte aber guten Grund zu haben, ihm zu verschweigen, daß das Mädchen ihn mehrfach gelobt hatte. Dagegen berichtete er Floriberts eifersüchtiges Temperament und knüpfte die ernste Ermahnung daran, jeden unvorsichtigen Schritt zu unterlassen, weil derselbe unter diesen Umständen nur zu leicht zu Unglück führen könne.

Sluyner ging tiefsinnig ab. Er hatte den Punkt gefunden, um sich an dieser Jakobäa, so wie an Floribert zu rächen und den tödtlichen Schimpf abzuwaschen, womit ihn das übermüthige Mädchen überhäuft hatte. Von jetzt an kam er selten zu Netscher. Er schützte Krankheit

Empfohlene Zitierweise:
Text von Adolph Görling: Stahlstich-Sammlung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdener Gallerie. Verlag der Englischen Kunst-Anstalt von A. H. Payne, Leipzig und Dresden 1848−1851, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Stahlstich-Sammlung_der_vorz%C3%BCglichsten_Gem%C3%A4lde_der_Dresdener_Gallerie.pdf/229&oldid=- (Version vom 1.8.2018)