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Neben dem Typus der Hausuhr mit turmartigem Gehäus und mit senkrecht auf Tischplatte gerichteten Zifferblättern tritt im Lauf des 16. Jahrhunderts die Uhr in Kastenform, deren Zifferblätter wagrecht zur Tischplatte obenauf liegen und die in der Aufsicht abzulesen sind. Solche Uhren haben zunächst ein ungleich kleineres Format, gelegentlich auch zylindrische oder vieleckige Dosenform, dies scheint veranlaßt zu sein durch den Wunsch, die Uhr auch auf Reisen mitzunehmen. Sie bilden mit ihrer entwickelten Feinmechanik auch den Übergang zu den am Körper tragbaren Uhren, die anfangs als Halsuhren, später als Taschenuhren zu einem Spezialgebiet des Uhrmachers sich entfalteten. Es ist bekanntlich das Verdienst des Nürnberger Feinmechanikers Peter Henlein, die spiralig gebogene Uhrfeder als Triebkraft für am Körper tragbare kleine Uhren verwendet zu haben, die mit der Zeit immer flacher und handlicher werdend, als Taschenuhren zu einem der für die Lebensgewohnheiten jedes einzelnen unentbehrlichsten Bedarfsstücke geworden sind. Die Anregung dazu erhielt er durch das gleichfalls schon mittels einer Uhrfeder in Gang gehaltene, auch mit Selbstschlagwerk verbundene Räderwerk der Tischuhren von zuerst dosenförmiger hochzylindrischer Gestalt. Eine dieser Uhren in runder, schon flacher Dosenform im Bayrischen Nationalmuseum zu München, laut der Umschrift aus dem Besitz Ott Heinrichs von der Pfalz, verzichtet auf jede plastische Verzierung und war daher besonders geeignet, auf die Reise mitgenommen zu werden, sie steht der Form von Taschenuhren schon frühzeitig am nächsten. Der gravierte Jagdfries um ihre senkrechte Wandung steht der Kunstweise eines Peter Flötner oder Virgil Solis nahe und läßt die Entstehung der Uhr gegen 1540 ansetzen. Daß solche Uhren auch noch früher entstanden, davon zeugt das Bildnis des George Gisze von Hans Holbein d. j. in Berlin von 1532, worauf ein noch kleineres rundes Ührchen zu sehen ist.

Eine über ein halbes Jahrhundert später entstandene Tischuhr von quadratischer Form ist zwar nicht als Reiseuhr zugleich gedacht, doch zeigt ihr kleineres Format, daß der Geschmack der Zeit sich schon den kleineren sogenannten Nippesgegenständen zugewandt hatte und daß der Uhrmacher sich mit seiner durch die Herstellung von Taschenuhren erworbenen Fertigkeit in der Feinmechanik neben den als Hausuhren überall gebrauchten größeren Tischuhren doch auch schon solchen kleinen Zierstücken zuwandte, die dann im 18. Jahrhundert ihre höchste Ausbildung bei immer kleiner werdendem Maßstab fanden. Im Anfang steht eine aus vergoldeter Bronze hergestellte quadratische