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den Starken und erinnert an des Sächsischen Kurfürsten verhängnisvollen Erwerb der Krone Polens und infolge hiervon an seine unglückliche Verbindung mit dem Zaren Peter und König Friedrich IV. von Dänemark, um seinen Vetter Karl XII. von Schweden aus seinem Besitz Livlands zu vertreiben. Das abenteuerliche Unternehmen führte aber die Schweden nach Sachsen und brachte August dem Starken die ärgsten Demütigungen und vorübergehend den Verlust der Krone Polens. Tafel 2.

Es ist wohl sicher, daß Peter der Große schon bei einem ersten Zusammentreffen mit August dem Starken jene 1050 Gramm schwere ovale goldene Schale diesem als Geschenk überreichte, sei es im Sommer 1698, als er zuerst ihn gegen die Schweden um Hilfe ersuchte, oder 1701, als er am 26. Februar auf Schloß Virsen unweit Dünaburg das Bündnis erneuerte und durch Gelage feierte. Es sollte wohl auch ein siegverheißendes Geschenk sein, sonst ist es schwer verständlich, daß er sich gerade von einem Stück aus seinem Kronschatz trennte, das als geschichtliches Dokument der kriegerischen Erfolge eines seiner Vorgänger aus dem Hause Rurik doch einen Affektionswert für ihn besitzen mußte.

Die Stadt Pólozk an der Düna hatte Zar Iwan der Schreckliche (1530–1584, reg. seit 1533, gekr. 1547) als sein väterliches Erbe 1563 erobert, sie wurde ihm aber 1579 von Stephan Báthory wieder entrissen und kam erst 1772 dauernd an Rußland. Eine Inschrift unter dem Boden der Schale besagt: diese Schale wurde auf Befehl des Herrschers aus dem kaukasischen Gold von Pólozk gemacht, nachdem er seine Erbschaft – die Stadt Pólozk – eingenommen hat. Die Inschrift am Rand der Schale lautet: Den 15. Februar 1563. Mit Hilfe der Gottesmutter und auf Befehl des großen Herrschers und Großfürsten Iwan Wassiljewitsch, des Herrschers Allrußlands (es folgen alle seine Titel). So ist also diese Schale ein greifbares Zeugnis für nicht unwesentliche geschichtliche Ereignisse Rußlands.

Als Kunstwerk ist das Gefäß nicht gering zu schätzen. Sind schon Schalen dieser nationalrussischen Form des Koffsch, einer Art Schenkkelle, aus dem 15. und 16. Jahrhundert außerordentlich selten, so ist aus der Zeit Iwans des Schrecklichen in russischen Museen überhaupt keine solche goldene Schale vorhanden. Die eigenartige Form der Schale, die einem Schiffsrumpf ähnelt, scheint als ein volkstümliches Erzeugnis meist nur in Holz vorzukommen. Unser Gefäß ist aus einer dicken Goldplatte gehämmert. Seinen Schmuck