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Die Blume neigt sich bey des Westes Kuß,
Und alle Wesen seh ich Wonne tauschen;
Die Traube winkt, die Pfirsche zum Genuß,
Die üppig schwellend hinter Blättern lauschen;

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Die Luft, getaucht in der Gewürze Flut,

Trinkt von der heißen Wange mir die Glut.

     Hör’ ich nicht Tritte erschallen?
     Rauscht’s nicht den Laubgang daher?
          Nein, die Frucht ist dort gefallen,

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          Von der eignen Fülle schwer.


Des Tages Flammenauge selber bricht
In süßem Tod und seine Farben blassen,
Kühn öffnen sich im holden Dämmerlicht
Die Kelche schon, die seine Gluten hassen,

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Still hebt der Mond sein strahlend Angesicht,

Die Welt zerschmilzt in ruhig große Massen,
Der Gürtel ist von jedem Reiz gelöst,
Und alles Schöne zeigt sich mir entblößt.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Musen-Almanach für das Jahr 1800. Tübingen: J. G. Cottaischen Buchhandlung, 1800, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schiller_Musenalmanach_1800_236.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)