Seite:Schering Bachkritik 1912.pdf/5

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Arnold Schering: Beiträge zur Bachkritik

dieser Bearbeitung, die Bach vielleicht irgendeinem Schüler aufgetragen haben mag, und von der eine Aufführung in Leipzig überhaupt nicht feststeht, – wenn er die Mängel dieser Bearbeitung zur Verdammung des Originals für Klavier heranzieht. Da müßte doch erst nachgesonnen werden, wer unter Bachs Zeitgenossen vor 1730(!) überhaupt fähig war, ein solches Klavierkonzert „im Bachschen Stile“ zu schreiben. Schreyer teilt vielleicht in einem dritten Heft der „Beiträge“ seine von uns ungeduldig erwarteten Nachforschungen hierüber mit.

Um bei den Konzerten zu bleiben: Schreyer spricht auch die beiden Konzerte in Cdur und dmoll für drei Klaviere Bach ab. Seine gegen die formale Anlage des ersten Satzes des Cdur-Konzerts vorgebrachten Gründe lassen sich hören, dagegen hat er scheinbar nicht bemerkt, daß der Mittelsatz auf einen Basso ostinato gebaut ist, geht auch ohne ein einziges Wort über den Schlußsatz hinweg. Noch fadenscheiniger sind seine Argumente gegen das dmoll-Konzert. Denn gerade die Unisoni der drei Klaviere im zweiten Satz, die ihm unbachisch dünken, wollen gar nichts besagen: es sind Tuttiphrasen, bei denen es den Solisten (wie andere Konzertmanuskripte aus der Bachschen Zeit zeigen) freistand, mitzuspielen oder nicht. Es käme darauf an, festzustellen, ob in der originalen Partiturvorlage tatsächlich alle drei Solostimmen ausgeschrieben sind. Dennoch teile ich Schreyers Gedanken der Unechtheit und glaube annehmen zu dürfen, daß es sich in beiden Fällen lediglich um Bearbeitungen aus Bachs Hand handelt, nicht aber um Originale. Bachs Meisterhand ist nicht zu verkennen, und es scheint, daß sie hier ebenso machtvoll gestaltend eingegriffen hat, wie bei der Bearbeitung des ehemals Friedemann zugeschriebenen Orgelkonzerts in dmoll. Was Schreyer gegen den ersten Satz des Cdur-Konzerts vorbringt: unproportionierte Anlage, ungewöhnliche Themenaufstellung, Modulationsplan, glaube ich ergänzen zu müssen durch den Hinweis, daß sowohl die Thematik wie die Themendurchführung den Mustern entspricht, die man in Torellis und Vivaldis Konzerten zu finden gewohnt ist. Die Art, wie

Empfohlene Zitierweise:
Arnold Schering: Beiträge zur Bachkritik. Breitkopf & Härtel, Leipzig [u. a.] 1912, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schering_Bachkritik_1912.pdf/5&oldid=- (Version vom 2.10.2022)