Seite:Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896).pdf/12

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

(wienaschk) hinten an dem Boden der Mütze und die um denselben herumgelegte „Guirlande“ von natürlicher oder künstlicher Myrte, weißen Blumen, Perlen und Flitter, während bei den Brautjungfern außer dem Brautkränzchen auch in der Guirlande die Myrte fehlt und an Stelle der weißen bunte Blumen treten. Die übrigen Mädchen sind in gewöhnlicher Sonntagsfesttracht; das gewöhnliche helle Kopftuch ist in Leipe und Lehde viel einfacher geknüpft als in Burg und den übrigen Orten am östlichen Rande des Spreewalds, die Röcke werden verhältnismäßig lang getragen; die feinen weißen Busentücher und Schürzen, sowie die kurzen feinen Hemdärmel sind in der Regel mit feinen Spitzen besetzt, natürlich bei der Braut und den Brautjungfern viel reicher als bei den übrigen Mädchen; auch sind gewöhnlich bei den drei ersteren die Schürzen schön geblumt (von Damast bez. Batist).

Bild 2. Die Spinnerinnengruppe aus Burg im Spreewald (wendische Spinnstube auf dem Spreewälder Festwagen beim Volkstrachtenfest). Die Mädchen haben die Tracht an, die sie an den langen Winterabenden bei ihrer fleißig-fröhlichen Arbeit in der gemeinsamen Spinnstube zu tragen pflegen („einfachere Sonntagsnachmittagstracht“): auf dem Kopfe das große mehr oder weniger bunte, manchmal auch dunkle, künstlich geschlungene, meist wollene Kopftuch (lapa) mit den beiden breiten, meist mit Franzen besetzten Enden (rogi = Hörner) zu beiden Seiten, kurze Hemdsärmel mit Aufschlägen, breite helle, bunte und auch dunkle Busentücher mit Franzen bez. Spitzen kreuzweise über die Brust gebunden, kurze, meist dunkelfarbige (grüne bez. blaue), früher selbstgewirkte, dicke Friesröcke mit breiten bunten Seidenbändern ringsherum am unteren Rande, bunte getüpfelte oder gestreifte Schürzen von der Länge und fast auch von der Breite des Rockes, endlich an den Füßen lange in der Regel weiße und meist selbstgestrickte wollene Strümpfe in niedrigen Halbschuhen aus Leder, Samt oder Plüsch.

Blatt 24.

Einzelbilder. 1. Zwei evangelische Konfirmandinnen aus Jenkwitz (Par. Bautzen) und Kubschütz (Par. Purschwitz) in der sächs. Oberlausitz. Bemerkenswert: kleine Räderhaube mit dem Rad von Tüll um das Gesicht, großes weißes gesticktes Batisttuch vorn kreuzweise über die Brust geschlungen (Kubschütz), schwarzseidenes Kleid mit geschnürten bez. über der Einschnürung gefalteten Puffärmeln nebst schwarzseidener Schürze. 2. Evangelische Brautjungfern (bez. ledige Taufpatinnen) aus Par. Göda (sächs. O.-L.). Bemerkenswert: große Räderhaube bez. Flügelhaube (křidlata kapa) mit dem Rade bez. der Krause von gekerbtem Tüll um den Hals, feinwollene geblumte Brusttücher, kurze teilweise mit Spitzen unten eingefaßte und zusammengezogene Hemdsärmel mit weiten Puffen, breite weiße gestickte Schürzen mit langen buntgeblumten Seidenbändern darüber. 3. Evangelische verheiratete Wendin in Festtracht als Ehrenmutter der Braut (slonka) oder als Taufpatin (kmotra) aus Par. Göda (sächs. O.-L.). Bemerkenswert: schwarzseidenes Kleid mit eingeschnürten Puffärmeln (vgl. Nr. 14), während bei den katholischen Wendinnen die Puffärmel keine Einschnürung erleiden, schwarzsamtene Haube mit schwarzen geklöppelten Spitzen vorn (kleprowana kapa) über der mit einem kleinen Rande zu beiden Seiten der Backen hervorlugenden weißen Frauenhaube (cziepc) und mit der hell- bez. buntfarbigen gefalteten Seidenschleife (sekula) unter dem Kinn, großes gesticktes Batisttuch vorn kreuzweise über die Brust geschlungen und große gestickte Batistschürze mit langen schwarzseidenen Bändern darüber. 4. Katholische Wendinnen in Beichttracht aus Par. Wittichenau (preuß. O.-L.). Bemerkenswert: feines großes weißes Linnentuch über Kopf und Oberkörper geschlagen, sonst schwarze Kleidung, dazu speciell in Par. Wittichenau breite buntkarierte (jedoch dunkelfarbige) Seidenbänder um den Leib mit langen vorn herabhängenden Enden. 5. Katholische Wendin in Alltagstracht aus der Klostergegend. Bemerkenswert: schwarze enganliegende Haube (über der weißen Frauenhaube) mit den beiden breiten schwarzen Schleifen hinten und den beiden langen Bändern über den Rücken herab (alles aus einem langen schwarzen Bande bestehend, das in seiner Mitte um den Boden der Haube gelegt und am Nacken in die beiden Schleifen (rohi) geknüpft mit den beiden Enden (kóncy) über den Rücken bis zum Gürtel herabreicht), im hohen schwarzen Mieder mit blanken Knöpfen ein meist dunkelfarbiges, wollenes Brusttuch. 6. Katholische große und kleine Festjungfer aus Par. Wittichenau. Die Tracht der Brautjungfern (družki), ledigen Taufzeuginnen (kmótry) und kleinen Ehrenjungfern (male družki) ist unter den katholischen Wenden überall gleich; im Ganzen feine helle Kleidung: um den Kopf ein hell(rosa)-rotes Seidenband mit den beiden Schleifen und Enden bis an den Gürtel, geknüpft wie in Bild 5, um den Hals vier Perlen- bez. Korallenschnuren mit verschiedengroßen Schleifen am Nacken, über der Brust mehrere Reihen von bunten Perlen und zu unterst auf dem schwarzen geschnürten Sammetmieder ein Geschmeide von mindestens zwei Reihen gehenkelter antiker Gold- und Silbermünzen (je reicher die Familie, desto mehr Münzen), ein Oberhemd von feiner weißer Leinwand, genannt tackawa, mit langen weiten Aermeln, die am Handgelenk verengt und mit einem gestickten blau-weißen Streifen eingefaßt bez. mit Spitzen besetzt sind, über die große feine weiße Schürze ist ein langes breites buntseidenes Band mit zwei Schleifen am Gurt und zwei langen Enden gebunden.

Blatt 25.

Einzelbilder. 1. Frau in Festtracht aus dem Kreise Hoyerswerda. Die Hauptmerkmale dieser insbesondere den Ehrenmüttern (zamamy) und verheirateten Taufzeuginnen (kmotry) eigentümlichen Tracht sind: die weiße Spitzenhaube, aus der nur das Gesicht herausguckt, die kurzen breiten an der Achsel tellerartig aufgewulsteten Aermel des Oberhemds (kitelk) und darunter die langen dunkelfarbigen nach dem Handgelenk zu immer breiter werdenden Aermel von Wollstoff, auf dem Mieder der Panzer von größeren und kleineren bunten Glasperlen, sowie vergoldeten Glasherzen und Glaskreuzchen, auf dem farbigen Rock von Wollstoff die breite weiße reichgestickte Schürze und in der Hand das obligate große gestickte Batisttuch (zum Schmuck, nicht zum Gebrauch!). 2. Hochzeitsordner aus Schleife (preuß. O.-L.). Während der Hochzeitsbitter (braschka)[WS 1] in der sächs. Oberlausitz eine stehende, bei allen Hochzeiten für Entgelt den Dienst eines Ceremonienmeisters leistende Person ist, wird in der preuß. Oberlausitz und in der Niederlausitz zum Amt des Hochzeitsordners (družba) immer ad hoc ein passender Ehemann aus der Verwandtschaft bez. Freundschaft des Brautpaares gewählt. Seine Abzeichen in der Muskauer Gegend sind: zwei schmale bunte Seidenbänder, die zu beiden Seiten des niedrigen breitkrempigen Cylinderhutes herabhängen, eine mehr oder minder kostbare breite gestickte Schärpe (Handarbeit der Braut), ein großes buntgeblumtes Tuch und ein großes Boukett von künstlichen Blumen, beides zusammen an der linken Brustseite des langen blauen bez. schwarzen Tuchrockes befestigt, ein Feststock mit buntseidenem Bande in der Linken; Bänder, Tücher und Schärpe sind allemal Geschenke der Braut. 3. Wendin in Arbeitstracht aus der sächs. Oberlausitz. Die Tracht ist besonders in den westlichen katholischen Gegenden üblich. 4. Braut aus Par. Vetschau in der Niederlausitz. Ihre Tracht trifft ganz mit der Bl. 23, Bild 1 beschriebenen Brauttracht von Leipe überein, nur daß man hier das schwarze Mieder mit einem dunkelfarbigen Franzentuch verhüllt und um den Leib ein dunkles Seidenband knüpft und über die geblumte Spitzenschürze herabhängen läßt. 5. Vater und Tochter in Sonntagstracht aus Werben (Spreewald). Tracht des Vaters: langer Tuchrock (suknja) mit großem Kragen und zwei Reihen von großen Hornknöpfen, ein großes schwarzseidenes Halstuch (rubischko), eine dunkle oder geblumte (oft seidene) Weste (lac) mit großen blanken Knöpfen (bublinki). Tracht der Tochter: auf dem Kopfe das große dunkle geblumte und gefranzte turbanähnlich geschlungene Kopftuch (lapa) von feinem Wollstoff mit drei Zipfeln: die beiden schmäleren, seitwärts handbreit abstehenden heißen rogi (Hörner), der dritte hintere Zipfel fällt breit über den Nacken; ein helles, geblumtes Tuch mit Franzen kreuzweise über das kurze schwarze Mieder geschlungen; kurzer, stark gefalteter dunkler Friesrock mit breitem, buntgestreiftem Seidenbande am unteren Rande ringsherum eingesäumt; eine dunkle, einfarbige Schürze von Merino oder anderen feinen Stoffen von der Länge und beinahe auch Breite des Rockes mit einem gleichfarbigen Bande vorn zur Schleife gebunden mit herabhängenden Enden; weiße Strümpfe in feinen Halbschuhen. 6. Bauernbursche in Festtracht aus dem Kreise Cottbus (N.-L.). Diese Tracht war vor 50 Jahren noch allgemein üblich, heutzutage ist sie fast ganz abgekommen; ihre Hauptbestandteile sind: die hohe Sackmütze (pudelawa bez. bobrawa) aus grünem Sammet, oben mit einer großen grünen Troddel geziert und unten mit breitem,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. handschriftlich korrigiert in braška
Empfohlene Zitierweise:
Hrsg: Ausschuß für das Sächsische Volkstrachtenfest zu Dresden 1896: Karl Schmidt (Volkskundler), Oskar Seyffert (Volkskundler), Jean Louis Sponsel: Sächsische Volkstrachten und Bauernhäuser (1896). Wilhelm Hoffmann, Dresden 1897, Seite VI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:S%C3%A4chsische_Volkstrachten_und_Bauernh%C3%A4user_(1896).pdf/12&oldid=- (Version vom 8.6.2018)