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Walther Kabel: Romanhaftes aus der Geschichte der Sparkassen (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7)

nicht ergeben wollte, in der Nähe der englischen Küste in Grund geschossen und auch nicht ein Mann der Besatzung gerettet worden.

So kam es, daß sich um die Spareinlage Ernst Hindersens bis zum Jahre 1818 niemand kümmerte. Bei einer Kassenrevision wurde man auf die Einzahlung aufmerksam und stellte Ermittlungen nach dem Einzahler an, der volle dreizehn Jahre nichts wieder von sich hatte hören lassen. Die Nachforschungen blieben erfolglos, und die Sparkasse verwaltete das inzwischen beträchtlich angewachsene Vermögen in der Hoffnung weiter, daß Ernst Hindersen sich eines Tages schon noch melden werde. Vierundzwanzig Jahre verstrichen wieder. Im Jahre 1842 wurde die bisherige private Sparkasse von der Stadt Hamburg übernommen und gleichzeitig die jetzt allgemein üblich gewordene Bestimmung über die Verjährung von Guthaben eingeführt, jedoch mit rückwirkender Kraft.

Die nunmehrige Städtische Sparkasse in Hamburg erließ daraufhin einen Aufruf in den größeren deutschen Zeitungen und forderte den Berechtigten zur Abhebung des Sparguthabens Ernst Hindersens auf. Schon nach zwei Wochen meldete sich der damals vierundfünfzigjährige praktische Arzt Doktor Franz Hindersen aus Stade und verlangte unter Vorlegung der nötigen Urkunden für sich und seine beiden noch lebenden Schwestern als unmittelbare Nachkommen des Ernst Hindersen die Auszahlung des jetzt 41 425 Taler betragenden Kapitals. Die Verhandlungen zogen sich sieben Monate lang hin, weil die Hamburger Sparkasse eine urkundliche Beglaubigung darüber verlangte, daß der zum Matrosen gepreßte hannoversche Kaufmann sich tatsächlich im Jahre 1805 im Jesuitenkloster in Havanna aufgehalten habe. Die Anstalt vertrat den Standpunkt, nur durch diesen Nachweis könne die Übereinstimmung des Einzahlers mit dem Vater der angeblich erbberechtigten Geschwister festgestellt werden, da alle sonstigen Anhaltspunkte hierfür fehlten. Die Beibringung der Urkunde gelang, weil das Klosterarchiv noch die alten Krankenlisten aufbewahrte, in denen sich eine genaue Eintragung über Ernst Hindersen vorfand.

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Walther Kabel: Romanhaftes aus der Geschichte der Sparkassen (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1916, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Romanhaftes_aus_der_Geschichte_der_Sparkassen.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)