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11. Zum Schluss sei es mir gestattet, folgende Einzelheiten zu erwähnen.

Bei einer richtig construirten, nicht zu weichen Entladungsröhre kommen die X-Strahlen hauptsächlich von einer nur 1 bis 2 mm grossen Stelle der von den Kathodenstrahlen getroffenen Platinplatte; indessen ist das nicht der einzige Ausgangsort: die ganze Platte und ein Theil der Röhrenwand emittirt, wenn auch in viel schwächerm Maasse, X-Strahlen. Von der Kathode gehen nämlich nach allen Richtungen Kathodenstrahlen aus; die Intensität derselben ist aber nur in der Nähe der Hohlspiegelaxe sehr bedeutend, und deshalb entstehen auf der Platinplatte da, wo diese Axe sie trifft, die intensivsten X-Strahlen. Wenn die Röhre sehr hart und das Platin dünn ist, so gehen auch von der Rückseite der Platinplatte sehr viel X-Strahlen aus, und zwar, wie die Lochcamera zeigt, wieder vorzugsweise von einer auf der Spiegelaxe liegenden Stelle.

Auch in diesen härtesten Röhren liess sich das Intensitätsmaximum der Kathodenstrahlen durch einen Magneten von der Platinplatte ablenken. Einige an weichen Röhren gemachte Erfahrungen veranlassten mich, die Frage nach der magnetischen Ablenkbarkeit der X-Strahlen mit verbesserten Hülfsmitteln nochmals in Angriff zu nehmen; ich hoffe bald über diese Versuche berichten zu können. –

Die in meiner ersten Mittheilung erwähnten Versuche über die Durchlässigkeit von Platten gleicher Dicke, die aus einem Krystall nach verschiedenen Richtungen geschnitten sind, habe ich fortgesetzt. Es kamen zur Untersuchung Platten von Kalkspath, Quarz, Turmalin, Beryll, Aragonit, Apathit und Baryt. Ein Einfluss der Richtung auf die Durchlässigkeit liess sich auch jetzt nicht erkennen. –

Die von Hrn. G. Brandes beobachtete Thatsache, dass die X-Strahlen in der Netzhaut des Auges einen Lichtreiz auslösen können, habe ich bestätigt gefunden. Auch in meinem Beobachtungsjournal steht eine Notiz aus dem Anfang des Monats November 1895, wonach ich in einem ganz verdunkelten Zimmer nahe an einer hölzernen Thür, auf deren Aussenseite eine Hittorf’sche Röhre befestigt war, eine schwache Lichterscheinung, die sich über das ganze Gesichtsfeld ausdehnte, wahrnahm, wenn Entladungen durch die Röhre geschickt wurden. Da ich diese Erscheinung nur einmal beobachtete, hielt ich sie für eine subjective, und dass ich sie nicht wiederholt sah, liegt daran, dass später statt der Hittorf’schen Röhre andere, weniger evacuirte und nicht mit Platinanode versehene Apparate zur Verwendung kamen. Die Hittorf’sche Röhre liefert wegen der hohen Verdünnung ihres Inhaltes Strahlen von geringer Absorbirbarkeit und wegen des Vorhandenseins einer von den Kathodenstrahlen getroffenen Platinanode intensive Strahlen, was