Geständnisse. Sie hatte sich vor ihm bis ins Innerste ihres Wesens entblößt und stand da, wie das Leben selbst, das ewig nach Befruchtung verlangt und ewig befruchtet, unberührt wie die Sonne, keusch wie eine Blume und wie Eva stolz auf die Heiligkeit ihrer Bestimmung …
Doch Zenon empfand dies nicht, denn als er sich an der furchtbaren Demütigung ihres Geständnisses genügend geweidet hatte, zischte er in unterdrückter Wut:
„Und dann hattest du mich nicht mehr nötig. Du Raubtier!“
„Sprich nicht so zu mir, es ist ungeheuerlich!“
„Ist es denn nicht noch ungeheuerlicher, was du mir gesagt hast? Also es war nicht Liebe, die dich in meine Arme trieb, nicht die Leidenschaft eines heiligen Augenblickes der Ekstase, – nur der wilde Fortpflanzungstrieb. Ich verlangte doch nicht nach dir wie nach einem Weibchen, nein, ich liebte deine Seele, deine Erhabenheit, deine menschliche Größe liebte ich! Und du hättest in mir nur das Männchen gesucht? Warum ist deine Wahl gerade auf mich gefallen? Ich habe dir nur zum Werkzeug gedient … Das ist geradezu furchtbar!“
Es würgten ihn ohnmächtige Wut, tiefe Demütigung und ein unsagbarer Schmerz.
Ada hörte standhaft zu, wenn sie auch zuweilen erblaßte wie eine Leiche und ihren Kopf immer tiefer hängen ließ.
„Und warum hast du mir dies alles gesagt?“ stöhnte er.
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/235&oldid=- (Version vom 1.8.2018)