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Ein neuer Akt hatte begonnen; auf der Bühne gingen allerhand Dinge vor, doch er bemerkte nichts, nicht einmal die flammenden Blicke, mit denen sie ihn umfing. Er saß zusammengekauert da und dachte an vergangenes Leid; wollüstig quälte ihn die Erinnerung an jene Zeiten und jene unfaßbare Nacht …

Sie war gekommen und hatte sich ihm freiwillig hingegeben.

Mit welch furchtbaren Gewissensbissen waren diese Augenblicke des Liebeswahns geschwängert!

Und warum? Warum? Warum?

Ja, richtig, morgen würde er endlich alles erfahren! …

Doch wer wird ihm die Qualen aller dieser Jahre bezahlen, wer und womit? Soll diese Marmorschönheit hier der Preis sein, die er nicht liebte und nach der er kein Verlangen trug? Er träumte doch von jener andern, von jener Toten, die auf ewig in seinem Herzen begraben lag! Nie würde auferstehen, was schon in Staub zerfallen war.

Wie erinnerte er sich jetzt an jene Morgenröte, da sie ihn verließ und auf alle seine Beschwörungen und Fragen kein einziges Wort sagte. Sie war gegangen wie ein Traum. Trotzdem ihm bald der Tag in die Augen geschaut, die Sonne geschienen, die Vögel gesungen hatten, war es ihm immer noch gewesen, als hätte er nur einen Traum gehabt. Und in jener Freude, die ihn zuweilen durchdrungen hatte, war soviel Unruhe, soviel Scheu und so wenig Glauben an sein eigenes Glück gewesen, daß er wie betäubt das Frühstück erwartete. Sie war nicht bei Tische erschienen.

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/224&oldid=- (Version vom 1.8.2018)