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Man erlöst keinen mit Jammern und Tränen … Die schlechte Welt muß man zermalmen und bis auf die Fundamente zerstören, damit sie neu auf den Ruinen erstehe, man muß sie schaffen durch eine Tat, durch eine Tat des Willens, dem Gnade Kraft verleiht. Wer ihrer nicht teilhaftig wird, ist nur Dünger für die kommenden Geschlechter … Wer sein will, muß seinen eigenen Leichnam töten; damit er werden kann, muß er das Leben und sich selbst bezwingen. Die Unsterblichkeit durchstießt alles in endlosem Strome, doch unsterblich ist der Wille allein, von der Gnade und der wiederkehrenden Sehnsucht nach ‚Ihm‘ erleuchtet. Ich sage zu viel und zu wenig zugleich, verzeih, ich will mich kurz fassen: unsere Wege gehen an diesem Scheidewege auseinander, dort am Baume mögen die Furchtsamen und Schwachen stehen bleiben, mögen sie auf Erbarmen warten, wir werden in den Abgrund hinuntersteigen!“

„Überhebung ist dein Glaube,“ sagte Mr. Smith bebend und ging hinaus.

„Nein … nein …“ flüsterte Yoe, in Nachdenken verfallend.

Die Dämmerung begann zu sinken, das Geräusch in den Straßen verstummte, entfernte sich, Lichter begannen im Nebel durch unbewegliche, grauumwobene Bäume zu schimmern.

Zenon schlief einen gleichmäßigen und festen Schlaf, das gedämpfte Licht neben seinem Bett leuchtete in der Dunkelheit wie ein goldener Schimmer, sonst war die Wohnung in undurchdringliche Dämmerung gehüllt.

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)