von Laternen hervorschimmerte, er dachte nach, seine Augen wankten zugleich mit den Schatten der Bäume, deren schwarze Umrisse sich schläfrig hinter den Scheiben wiegten.
„Und sie war doch dort!“ dachte er und sah sie wieder vor sich, ganz mit Striemen bedeckt, die ihren Körper umringelten wie ein Knäuel von blutroten Schlangen.
„Sie war dort, sie war dort …!“ wiederholte er, und seine Augen weideten sich an ihrer Schönheit und an der Schmach dieser Nacktheit, als räche er sich an ihr, während er sich ihr zugleich näher fühlte durch dieses ihr entrissene Geheimnis.
„Ein Medium für Geißelungen,“ flüsterte er mit verächtlicher Bitterkeit und sprang plötzlich auf: die Eingangstür schlug zu, und alle Lichter im Kronleuchter brannten plötzlich hell.
Er schaute sich verwundert um, denn die Tür war geschlossen, und im Zimmer war niemand, nur auf dem Schreibtisch lag die Eisenbahnkarte ausgebreitet, eine Anzahl von Orten darauf war mit einem roten Stift dick unterstrichen, und daneben lag ein Führer durch Italien, bei Amalfi aufgeschlagen und gleichfalls mit zahlreichen Strichen versehen …
Er sah sich das mit gespannter Neugier an und konnte nicht verstehen, wer das gemacht haben könnte, und wann? Es mußte jemand vor einem Augenblick dagewesen sein, vielleicht war er noch da … denn der schwere Vorhang an der Tür schwankte noch in einer letzten, ersterbenden Bewegung, als wäre soeben jemand vorbeigegangen … Die Diele im anderen
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/149&oldid=- (Version vom 1.8.2018)