In seinem Hotel schliefen schon alle, die Lichter waren ausgelöscht, das Haus war ganz in Dunkelheit und Stille getaucht, die kaum sichtbaren Korridore zogen sich wie düstere Tunnel hin, und gleich lauernden Pantheraugen funkelten nur hier und dort gedämpfte Flämmchen.
Er legte sich sofort hin, doch er schlief nicht ein, er lag mit offenen Augen, fern vom Schlaf, fern von allem, wie auf dem äußersten Grunde der Seele; an den Grenzen des scheuen, verworrenen Bewußtseins schlichen die düsteren, unheilverkündenden Spukgestalten des gespensterhaft nahenden „morgen“ und durchflossen sein Hirn und bohrten die scharfen, reißenden Krallen der Halluzinationen hinein.
„Es geht etwas Schreckliches mit mir vor!“ Nichts andres fühlte und wußte er jetzt noch.
Die Eingangstür schlug so heftig zu, daß er aus der Erstarrung erwachte; als ginge jemand durchs Zimmer, erzitterten die Diele und die Möbel ziemlich laut …
„Wer ist da?“ fragte er.
Es wurde ihm keine Antwort, die Schritte wurden leiser, aber Hände glitten über die Tasten, und es erzitterten einen Augenblick lang leise, ernste Töne; er sprang aus dem Bett und griff nach dem Revolver.
„Wer ist da?“ rief er wieder, und wieder erhielt er keine Antwort; er hörte aber das scharfe und schnelle Knirschen einer Feder auf Papier und das Geräusch umgeschlagener Blätter … Er drehte das Licht auf, stürzte ins erste Zimmer, von wo dieses Geräusch kam, doch dort war niemand; er stöberte in
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/130&oldid=- (Version vom 1.8.2018)