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Der Brief war von Betsy, aber er konnte trotzdem nicht klug aus ihm werden, konnte weder die Worte miteinander verbinden, noch ihren Inhalt verstehen, so daß er in noch heftigere Erregung geriet, den Brief unwillig hinwarf und hinausging, auf den Flur zu sehen, wo es schon leer und still war.

Ihm war es jetzt schon beinahe gewiß, daß er sich getäuscht hätte, und das erregte eine solche Bitterkeit in ihm, daß er sich lange Zeit nicht beruhigen konnte.

„Ja, denn was hätte sie mir auch sagen sollen? Weswegen hätte sie wünschen sollen, daß ich mit ihr allein bleibe? Eine Täuschung nur, nichts weiter! In diesem verrückten Hause fange auch ich schon an an Hallzinationen zu leiden!“ dachte er und nahm wieder den Brief Betsys; aber dies herzliche, rührende Geplauder seiner Braut ließ ihn kalt, nur seine Augen lasen Seite auf Seite, denn seine ganze Seele war von Erinnerungen an die andre erfüllt; er hörte auf zu lesen und wollte schon in der ersten, ehrlichen Aufwallung antworten, hatte schon die Überschrift geschrieben, doch er wußte einfach nicht, was er schreiben solle, er hatte in diesem Augenblicke nichts zu sagen; er fühlte plötzlich ein heftiges Verlangen, hinaus in die Stadt zu gehen, in den menschenüberfluteten Straßen umherzuschlendern, ganz zu versinken in dem brausenden Gewoge; doch ehe er noch seinen Entschluß ausgeführt hatte, meldete der Diener ihm Mr. Smith.

Herein trat der hagere, gelbe Herr mit den Augen eines gekochten Fisches, etwas gebeugt, vorsichtig, überaus höflich und übertrieben bescheiden.

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)