„Leider verurteilt er sie entschieden, und, was schlimmer ist, wir müssen ihm recht geben,“ sagte Yoe.
„Er hat recht? … Reize mich nicht, Junge … Merkwürdig, sehr merkwürdig … Ihr müßt mir von ihm erzählen, denn ich sehe, daß man durch die Zeitungen falsch unterrichtet wird.“
„Natürlich, denn von hundert Reportern hat ihn kaum einer gesehen und mit ihm gesprochen. Aber alle mußten doch etwas von ihm schreiben, denn ganz London beschäftigt sich mit ihm.“
„Kennt Ihr ihn persönlich?“
„Yoe ist mit ihm befreundet.“
„Ja, wenn man so das Verhältnis des Menschen zum Absoluten nennen kann,“ erläuterte Yoe.
„So hoch schätzest du ihn?“ fragte der Alte leiser.
„Ich verehre ihn und liege vor seiner Weisheit im Staube.“
„Dick, bring den Tee nach oben, wir wollen hinübergehen, Kinder,“ kommandierte der Alte und bemühte sich, vom Stuhl aufzustehen.
Yoe reichte ihm den Arm, er stützte sich darauf und ging langsam und schwerfällig, ein wenig gebeugt, aber majestätisch, einer alten moosbedeckten und doch noch starken Eiche gleich; sein Gesicht war gerötet, sorgfältig ausrasiert, mit mächtigen, beinahe quadratförmigen Kiefern, seine Nase trocken und lang, seine Stirn hoch, von dichten, bürstenartigen grauen Haaren gekrönt, die Augen blaßblau, beinahe farblos, jedoch scharf unter buschigen, schwarzen Brauen hervorblitzend. Er war in diesem Augenblick stiller,
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/071&oldid=- (Version vom 1.8.2018)