Liebenden nach der Geliebten; dies war etwas hundertmal Gewaltigeres, etwas mit Menschenwillen nicht zu bezwingendes, etwas, was an jene Schwerkraft der Asteroiden erinnerte, die in der Unendlichkeit den Sonnen nachirren, oder an die Strömung der Flüsse, die unaufhaltsam dem Ozean zustreben.
Noch hatte er nichts gesehen, und war doch schon diesem unsterblichen Gesetz untertan.
Er durcheilte schnell den Park, lief durch unsichtbare Straßen, über allerhand Plätze, die im Nebel verschwanden, und fand nur instinktmäßig den Weg durch diese immer dichter werdende Dunkelheit, denn jetzt flogen die Nebelwolken schon schwarzgelb vorüber und streiften die Erde, so daß er sich durch diesen dichten Flaum von Nebelgeweben hindurchreißen mußte … Er wohnte noch hinter dem Regentspark, in der langen und stillen Avenue Roat, die jedoch so in Nebel gehüllt war, daß es einer gewissen Mühe bedurfte, bis er sein Boarding-House fand.
Er kleidete sich schnell um und ging in den Speisesaal. Dort begab er sich leise an seinen Platz und ließ seine Augen ängstlich umherschweifen.
Miß Daisy war nicht da, ihr Stuhl war leer.
Das Zimmer war groß, länglich, mit dunkelm Holz bekleidet, und hatte gewaltige Balkenlagen, die wie vom Alter geschwärzt waren und in ihrer düsteren Schwere beengend wirkten, so daß es trotz des elektrischen Lichts, das der Kronleuchter ausstrahlte, dämmerig war und unsagbar düster. Auf einem langen Tisch in der Mitte glänzte und funkelte ein silberner Aufsatz, und über das leichenweiße Tischtuch waren eine Anzahl Köpfe
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/047&oldid=- (Version vom 1.8.2018)