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Vergebens bemühte sich Yoe, sie zum Sprechen zu zwingen, – sie lag leblos da wie eine Leiche; ihre Hände waren kalt, ihr Gesicht mit eisigem Schweiße bedeckt.

„Eine vollständige Katalepsie, ich verstehe nichts mehr,“ flüsterte er ängstlich.

„Was werden wir anfangen?“ fragte einer.

„Wir wollen beten und warten.“

„Ist das wirklich Daisy?“ fragte Zenon.

„Daisy … Ich weiß nicht, es kann sein … Aber ich weiß nicht.“

Die Tür des runden Zimmers, wo sie lag, schlug mit heftigem Krachen zu.

„Setzen, Ruhe … Wir fangen an! …“

Zenon setzte sich an das Harmonium, das in einer tiefen Nische rechts stand, gegenüber den Fenstern, und begann leise zu spielen.

Da erloschen plötzlich die Lichter, sie flimmerten noch eine Weile, aber dann glänzte nur noch die kristallene Kugel in einem grünlichen zitternden Licht.

Sie setzten sich an die Wand, einer neben den andern, doch jetzt bildeten sie keine Kette mehr.

Zenon spielte eine erhebende Hymne; die gedämpften Töne klangen in einen süßen Choral zusammen, der aus weiter Ferne zu kommen schien, als flösse er von dem Grunde unendlich tiefer Meere empor; dann verrann er im undurchdringlichen Dunkel.

Yoe aber kniete hin und begann halblaut zu beten, eine Weile hörte man das Rücken der Stühle, das Knarren der Diele, es waren wohl alle hingekniet, denn das Flüstern der betenden Stimmen wurde lauter,

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/013&oldid=- (Version vom 1.8.2018)