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XI. [Verkehr in neuen Grenzen]

Die politischen Umgestaltungen jener Zeit führten manche Verschiebung in den Hauptrichtungen des Verkehrs herbei. Neue Mittelpunkte, nach denen dieser gravitierte, kamen auf, während von den ältern Verkehrszentren einzelne mehr in den Hintergrund traten. Der Untergang des Reiches und die Verdrängung Österreichs aus dem Breisgau und seinen übrigen schwäbischen Gebieten hatte zur Folge, daß die vorher recht lebhaft gewesenen Verkehrsbeziehungen Schwabens mit Wien, Innsbruck usw. auf ein geringes zusammenschrumpften.

Die drei Staaten, unter die das südliche Schwaben aufgeteilt worden war, begannen alsbald die Straßennetze und sonstigen Verkehrseinrichtungen ihrer neuen Landesteile von dem Gesichtspunkt aus umzugestalten, daß nunmehr je die betreffende Landeshauptstadt den Ausgangspunkt zu bilden hatte. Was den Bodensee betrifft, so war jeder der drei Staaten bemüht, den Zug des Verkehrs dorthin und von dorther möglichst durch das eigene Land und über die eigenen Hafenplätze zu leiten.

Der sich mehr und mehr steigernde Warenverkehr erregte da und dort das Verlangen nach Schiffahrtskanälen. Aber das nötige Geld dazu fehlte; die vielen Kriege hatten die geringe Kapitalkraft des Landes noch weiter gemindert. So blieb es bei den bloßen Wünschen. Schon 1807 befürwortete Graf v. Portia den Bau einer Kanalverbindung zwischen dem Bodensee und der Isar. Der Kanal sollte von Langenargen aus über Wangen und Immenstadt, Füßen und Weilheim nach der Münchener Vorstadt Giesing führen. Da die beiden erstgenannten Plätze schon drei Jahre nachher aus dem bayrischen Staatsverband ausschieden, war in der Folge von einem derartigen Plane nicht mehr die Rede.

Dagegen wurden jetzt von seiten Württembergs Kanalpläne erwogen, um den Neckar (und damit zugleich den Rhein) mit Ulm und der Donau und diese mit dem württembergischen Bodenseeufer in Schiffsverbindung zu setzen. Bevor jedoch diese Erwägungen einen Abschluß fanden, veränderte sich die Sachlage dadurch, daß England 1825 anfing, Schienenstraßen mit Lokomotivbetrieb zu bauen und man in einer Reihe kontinentaler Staaten, so Bayern und Sachsen, diesem Beispiel nachfolgte.

1839 ließ die württembergische Regierung dem Landtag eine vergleichende Berechnung der voraussichtlichen Kosten vorlegen, welche ein Schiffskanal und eine Eisenbahnverbindung von Friedrichshafen nach Heilbronn verursachen würde. Darnach sollte eine eingeleisige Eisenbahn für die Strecke vom Bodensee bis Ulm (104 km) 61/3 Millionen Gulden kosten, dagegen für dieselbe Strecke eine Kanalverbindung mit 95 Schleusen etwas mehr, nämlich 71/2 Millionen Gulden. (In der neuesten Zeit sind die Baukosten einer Kanalanlage Friedrichshafen–Ulm auf nicht weniger als 80 Millionen Mark, also sechsmal so hoch, veranschlagt worden.)


XII. [Württembergische Südbahn]

Die Idee einer solchen Kanalverbindung verfolgte man damals nicht weiter und entschied sich dafür, von Friedrichshafen nach Heilbronn eine Schienenstraße herzustellen, da diese bei geringern Kosten größere Vorteile bot als der Schiffskanal. Im württembergischen Unterland war bereits das Bahnstück Bietigheim–Stuttgart–Süßen im Betrieb,