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Bäumen herabgebracht, so daß manche Sorten nichts, oder nur sehr wenig behalten haben, wenn gleich im Allgemeinen die Obsternte noch eine gute sein wird. Es verloren z. B. Pariser Rambour-Reinette, Aechter rother Winter-Calvill, Weißer Winter-Calvill, die zahlreich ansetzten, Alles; Englische rothe Limonien-Reinette, Gestreifter rother Herbst-Calvill, Carmeliter Reinette etc., Sommer-Dechantsbirn fast Alles, während Reinette von Orleans, Königin Louisenapfel, Charlamowsky, Virginischer Sommer-Rosenapfel, Englischer Goldpepping, Downtons-Pepping und andere noch voll sitzen. Ich habe in Nienburg eine Reihe von Jahren mir beim Durchgehen der Probebäume aufgezeichnet, welche Sorten nach reicher Blüthe voll angesetzt hatten und welche unter diesen, in Folge von eintretender Hitze, den größeren Theil der angesetzten Frucht, oder nicht selten selbst alle, wieder verloren. Die Resultate zusammen zu stellen, die, bei nur flüchtig niedergeschriebenen, nachher nicht gleich übersichtlicher zusammengestellten Notizen, nach Jahren sich etwas wieder verdunkeln, fand ich noch nicht Gelegenheit, gerade specieller auf die spätblühenden Sorten, namentlich die sogenannten Siebenschläfer unter den Aepfeln mein Augenmerk in der hier fraglichen Hinsicht zu richten, und weiß hier nur so viel zu sagen, daß die einzelnen Sorten, sowohl in Empfindlichkeit gegen den Frost als gegen Hitze sehr verschieden sind. Wir werden daher auch hier zunächst speciellere Beobachtungen über die einzelnen Sorten zu gewinnen suchen müssen, und wären solche in’s Einzelne gehende Beobachtungen und Aufzeichnungen, zu denen beamtete Männer, die sich mit Pomologie mehr nur zur Erholung beschäftigen, selten die ausreichende Zeit finden werden, eine besonders wichtige Aufgabe für die Aufseher der von mir öfter dringend gewünschten pomologischen Gärten. Eine längere Reihe von Jahren mit Sorgfalt fortgesetzt, würden solche Beobachtungen ganz bedeutende Resultate für den Obstbau haben, und in gar manchen Fragen uns entschiedener machen.



Kurze pomologische Bemerkungen.

Um recht schnell schöne junge Pyramiden von Birnen, wie auch von Aepfeln, zu erhalten, darf man nur den aus der Okulation oder der Frühjahrsveredlung hervorwachsenden Leitzweig, wenn er 1–1½′ hoch gewachsen ist, im Juni entspitzen (die Spitzen abzwicken). Der Erfolg zeigt sich sehr schnell; es entwickeln sich die Augen, die der erste Trieb erzeugte, zu vorzeitigen Trieben (wie dies bei fruchtbaren Sorten, z. B. der Muskat-Reinette, Wildling von Motte u. a. ohnehin gewöhnlich vorkommt), und zwar in der gewünschten Stärke und von unten nach oben an Größe abnehmend. Solche Pyramiden sind eben so schön, als leicht weiter zu bilden.

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Herr Professor Dr. Hlubeck in Gratz hat bekanntlich den sehr praktischen Vorschlag gemacht, anstatt der Telegraphenstangen in angemessenen Entfernungen Bäume zu pflanzen, und an diesen die Drähte zu befestigen. Derselbe empfiehlt besonders hiezu die Lärche als Nadelholz- und die Esche als Laubholzbaum. Warum aber soll nicht auch der hochwachsende und sehr dauerhafte Birnbaum sich zu einer solchen Anpflanzung qualifiziren, der in demselben Boden, wo die Esche gut gedeiht, gewiß die schätzbarsten Erträge liefern würde? Es ist hier natürlich nur von Wirthschaftsbirnen die Rede, die vom Baum hinweg nicht gut genießbar sind, und welche einen schönen, starken und hochgehenden Wuchs haben.

Ed. Lucas.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 426. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_426.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)