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muß mit unnöthig großer Menge von Brod diese Lücke ersetzen. So lange endlich noch die Brodfrüchte so hoch im Preise stehen, wird das Bier nur den wohlhabenderen Klassen von Arbeitern zugänglich seyn, und selbst eine Verdrängung des Biers durch den Obstmost kann vortheilhaft auf die Brodpreise einwirken, wenn die Gerste zu Vermehrung der festen Nahrungsmittel statt zu Getränke verwendet wird. Es geht übrigens eine solche Umwandlung nicht so schnell vor sich, daß sie nachtheilig auf irgend ein Gewerbe oder einen andern seither bestehenden Betrieb einwirken könnte. Außer den direkten Vortheilen wären von der Ausführung dieses Vorschlags noch weitere indirekte zu erwarten, und zwar insbesondere in Gegenden, wo der Obstbau unter den Bauern keinen Eingang finden will, könnte man von dem Beispiel eine ersprießliche Nachahmung erwarten. In Gegenden, wo das Klima in freiem Feld zu rauh ist, fände der Obstbaum im Walde einen angemessenen Schutz; nicht bloß die Fröste würden ihm weniger schaden, sondern auch von dem Abschütteln der Früchte durch Stürme wäre weniger zu fürchten. Zunächst müßte man mit der Anlage von Alleen längs der durch die Waldungen ziehenden Hauptstraßen und Abfuhrwege beginnen; dann könnte es sich erst davon handeln, in jungen Mittelwaldschlägen oder in Niederwaldungen die Obstbäume als Oberholz anzuziehen. In regelmäßigen Hochwaldungen würden sich meistens nur die erstgenannten Lokalitäten hiezu eignen; hier ist aber ein ausgedehntes Wegnetz von besonderem Werth, und darum Gelegenheit genug geboten, den Obstbau in größerer Ausdehnung zu betreiben. Bei einem vollkommenen Wegnetz in der Ebene soll alle 50 bis 60 Ruthen ein Nebenweg vom Hauptweg abgehen; bei den dadurch gebotenen regelmäßigen Figuren trifft es auf den Morgen 6 bis 8 Obstbäume, wenn zu beiden Seiten der Wege alle 40 Fuß ein Baum gepflanzt wird, und wenn überall der Boden für Obstbäume geeignet wäre. Die Wahl passender Sorten ist hiezu besonders zu empfehlen; es dürfen nur spätreifende Sorten seyn, und sollen sich dieselben durch einen hohen Kronenansatz auszeichnen. Hieher sind besonders zu zählen von den Aepfeln die Goldparmäne, die Kasseler Reinette, der Bohnapfel, der Ciderapfel und Luiken; von den Birnen der Wildling von Einsiedel, die Knausbirne, die Wolfsbirne, die Bogenäkerin und andere. Es kommt dabei hauptsächlich darauf an, daß man Stämme wählt, die etwas stärker ins Holz treiben. Außer dem Kernobst dürfte sich in wärmeren Lagen noch der Nußbaum und die zahme Kastanie zur Anzucht eignen, die beide auch wegen ihres vorzüglichen Holzes sehr zu empfehlen sind. Eine besondere Pflege der Obstbäume im Walde ist nicht nöthig (?); die Pflanzungen an Wegen sind durch Auflockerung des Bodens, durch Ausputzen u. dergl. im Stand zu halten; die als Oberholzbäume in’s Innere der Bestände verpflanzten Stämme bedürfen einer Auflockerung nicht mehr, sobald sich der Unterholzbestand geschlossen hat. Daß man sie vor dem Ueberwachsen durch höher gehende Waldbäume schützt, und namentlich von diesen letzteren diejenigen entfernt oder ausästet, welche den fruchtbaren Baum beschatten, versteht sich von selbst; ein Verlust an Holzzuwachs wird aber dadurch nicht entstehen, weil ja dann der Obstbaum um so mehr Holzmasse erzeugt. Zum Schlusse noch die Bemerkung, daß in einzelnen Gegenden diese Vorschläge schon seit längerer oder kürzerer Zeit verwirklicht sind, wie z. B. in den Stadtwaldungen von Stuttgart, wo man sich vorerst auf die Anlage von Alleen beschränkt hat; und in einzelnen Staatswaldungen des Neustädter Forsts.

(Schwäb. Kronik. Nro. 124. 1855.)




Das Gerben der Obst- und Kartoffelsäcke, Stricke und anderer grober Leinen- und Hanf-Gegenstände, welche stark gebraucht werden,

läßt sich leicht ausführen, wenn man in einem kupfernen oder irdenen Wasckkessel Wasser zum Sieden bringt und dann gute Eichenlohe hinzuschüttet in dem Verhältniß von 2 Pfund zu 20 Quart Wasser. Man rührt nun um und läßt die Lohe ½ Stunde kochen. Während dieser Zeit legt man die zu gerbenden Säcke oder Seile u. dergl. Leinen in einen Waschzuber, breitet über diesen ein Tuch und schüttet dann die kochende Lohbrühe sammt der darin schwimmenden Lohe auf dieses Tuch. Die Brühe läuft durch, die Lohe bleibt oben auf liegen und wird weggeworfen. Hierauf taucht man die zu gerbenden Säcke in die Lohbrühe unter, schüttet wenn von derselben die erstern nicht ganz bedeckt werden sollten, noch etwas Wasser hinzu und läßt sie 48 Stunden darin liegen. Nach dieser Zeit windet und wäscht man sie in reinem Wasser ab und trocknet sie. Sie haben nun eine schwach-lederartige Farbe angenommen, halten Wind und Wetter aus

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_391.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)