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Jemand verhältnißmäßig wenig Reiser auf einem Probebaume anbringen, um mehr Probeäste von 3–5 Fuß Länge zu haben, so wird fast stets das Einschieben der Reiser hinter die Rinde der dickeren Aeste zweckmäßig seyn.

Ob es für die Größe und Güte der Probefrüchte Nachtheil bringe, wenn man ganze Zweige mit möglichst zugleich reifenden Sorten besetzt, darüber habe ich selbst noch keine hinreichende Erfahrungen. Meistentheils mußte ich meine Probebäume mit Sorten besetzen, deren Reifezeit ich noch nicht einmal kannte, oder so wie ich eben wieder ein paar hundert neue Sorten erhalten hatte, und kamen daher früh und spät reifende Sorten fast stets durch einander. Nur in Bardowick hatte ich mir mit den von Diel erhaltenen Reisern einen Probebirnbaum gemacht, wo die im September oder October etc. reifenden Birnen immer auf demselben Aste möglichst beisammen saßen, und wie dieß das Beobachten der rechten Pflückezeit der Frucht sehr erleichterte, was sehr mühsam wird, wenn man alle Aeste eines Baumes wöchentlich zweimal durchsteigen muß, so habe ich damals wenigstens nicht bemerkt, daß die Früchte späterer Reife, an den andern Zweigen kleiner als gewöhnlich, oder wie ich sie später auf gewöhnlichen Hochstämmen, als Standbäumen hatte, geblieben wären. Die früh reifenden Aepfel brachte ich gewöhnlich auf unteren Zweigen rund um den Baum herum an, zu denen man leicht kommen konnte, oder auf Pyramiden. Es ist aber sehr wohl möglich, daß doch größere Vollkommenheit der Früchte erzielt wird, wenn früher oder später reifende Früchte an demselben Aste durch einander sitzen, und wäre es der Mühe werth, dieß durch absichtliche Versuche zu erforschen.

Die von mir angewendeten Namenhölzer wie sie in der Monatsschrift Heft 5 pag. 190 abgebildet sind, die ich geschrieben hatte, ehe ich das Heft kannte, wo sie würden abgebildet werden, halte ich für zweckmäßiger, als die von dem Amtsbruder Hörlin angewandten.

Bei dieser Gelegenheit sey es mir erlaubt, auf Anlaß eines eben erhaltenen Schreibens des Herrn Medicinal-Assessors Jahn, noch kurz meine bisherigen Erfahrungen über die Frage mitzutheilen, ob das Aufsitzen sehr vieler Sorten auf demselben Baume den Baum nach und nach krank machen, und ein Absterben der Probezweige veranlassen könne. Herr Medicinal-Assessor Jahn ist geneigt, sich der Ansicht hinzugeben, daß der verschiedene Trieb und Saftgang einen Baum doch wohl krank machen könne, und klagt daß er genöthigt sey, die schon absterbenden Probezweige von einem Birnbaume wieder wegzunehmen, und auf einem andern anzubringen. Es ist dieselbe Erscheinung an einzelnen Bäumen auch bei mir vorgekommen; aber wie ich im Ganzen noch immer der Ansicht bin, daß ein verschiedener Saftgang in dem Grundstamme durch die Probezweige gar nicht bewirkt werde, und der in die Probezweige hinaufsteigende oder aus ihnen herabtretende Saft schon durch die nächsten Zellenwände so umgewandelt werde, daß er zu dem eigenthümlichen Safte resp. des Probezweiges oder der Unterlage geworden ist, so lag auch das vorgekommene Absterben der Probezweige, das, wenn es von dem Aufsitzen vieler Sorten auf demselben Baume herrührte, an allen Probebäumen sich finden müßte, – sichtbar immer an dem Unterstamme oder wohl noch öfter der Stelle, wo der Probebaum stand, und dem untern oder entfernteren Boden, in welchen die Wurzeln des

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_383.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)