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so gut an, daß man mit ihm die Pfropfstelle[WS 1] fast luftdicht umwickeln kann und besitzt doch auch Elasticität genug, um nicht in die weiche Rinde einzuschneiden. Daneben trägt er wenig auf und man kann daher mit ihm noch bei geringem Räume, und wenn andere Zweige nahestehen, ankommen und während des Verbindens die Lage des Edelreises um so leichter im Auge behalten. Er hat gerade die Stärke, wie sie zur Befestigung gewöhnlicher Pfropfreiser nöthig ist, und läßt sich eben noch bequem mit der Hand durchreißen. Will man das Band stärker haben, so genügt es, ihn doppelt zu nehmen, was bei dem weiter unten angegebenen einfachen und bequemen Gebrauchsverfahren ohne Mühe geschieht. Auch läßt er sich gut in Knoten schlagen und springt nicht zurück, ehe dieser geschlossen ist. Endlich ist er höchst wohlfeil. Ein Pfund kostet 10 Ggr., ein Loth also zwischen 3 und 4 Pf., und letzteres gibt, einfach genommen, 40 Bänder von 26 Zoll Länge. Müßte man sich denn auch bei der Hälfte der Pfropfreiser des doppelten Twistes bedienen, so kommt dieß Material doch immer noch wohlfeiler, als die vorhin angeführten Stoffe, besonders, da es keiner weiteren Vorbereitung bedarf, um es benutzen zu können.

Uebrigens ist die Art seiner Anwendung ebenso leicht als bequem, und gibt meiner Meinung nach selbst dem von Fintelmann gerühmten Verfahren, die gewichsten Bänder neben einander auf eine Stange zu kleben und diese bei sich in die Erde zu stecken, Nichts nach. Man hat ein von ihm gewickeltes Knäuel in der Seitentasche des Rockes und läßt aus derselben das Ende heraushängen. Sobald das Pfropfreis aufgesteckt ist, faßt man das Ende, zieht den von sich selbst abwickelnden Faden nach dem jedesmaligen Bedürfnisse länger oder kürzer hervor, verdoppelt ihn nöthigenfalls, reißt ihn ab, und das Band ist fertig. Freilich dürfte es rathsam seyn, bei diesen und ähnlichen Verbänden mit nicht gewichsten Bändern die Copulirstelle, wenigstens auf der Seite, wo das Edelreis anliegt, vermittelst eines nicht zu großen Pinsels mit zerlassenem Wachse zu überstreichen. (Ich bediene mich einer Mischung von 2 Theilen Wachs und 1 Theile Colophonium.) Allein jedenfalls ist diese Arbeit, die man selbst noch bei gewichsten Bändern nöthig hält, viel weniger mühsam und unangenehm, als das Bestreichen oder Tränken derselben vor dem Gebrauche, sie erfordert eine geringere Menge Wachs und erspart die Uebelstände bei der Arbeit, deren vorhin Erwähnung geschehen ist.

Anmerkung der Redaction. Versuche, welche ich mit dem von Herrn Pastor Görges empfohlenen Bindematerial anstellte, haben mich auch von dem entschiedenen praktischen Werth des groben Baumwollengarns (Twists) vollständig überzeugt, und ich werde zunächst auch bei dem Oculiren Anwendung im Größern davon machen. 1 Pfd. für 36 kr. lieferte mir 2000 von zum Oculiren völlig hinreichend großen Bändern.
Ed. Lucas.



Vieljährige Erfahrungen, wie hochstämmige Obstbäume auf’s Schönste und Nützlichste erzogen werden können.
Vom Hrn. Kirchenpfleger v. Hayder in Biberach.

Seit mehr als 30 Jahren beschäftigte ich mich in meinem Garten mit der Obstbaumzucht, als meinem Lieblingsgeschäfte, sammelte mir unter Benützung der vorzüglichsten pomologischen Schriften (von Christ, Dittrich, Hinkert, Geiger, Lucas u. a. m.) theoretische und praktische Kenntnisse, und vermehrte meine Bäume mit den besten und nutzbarsten Obstsorten, mittelst Veredlung

auf Wildlinge und in die Krone hochstämmiger

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Propfstelle
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_343.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)