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freundlicher entgegen, als die köstlichere Engl. Spital-Reinette etc., was wohl auch zunächst der Grund der kleinen Preisunterschiede ist.

Dann hat das Obst, wenn es nicht vorerst gedörrt worden, im Verhältniß zu seinen Volumen, zu wenig Nahrungsstoffe, um als oft wiederkehrende Speise gelten zu können; als solche bleibt es nur Surrogat, wie alle Blatt- und Wurzel-Gemüse gegen die einfache Kartoffel; sie brauchen meist allzuviel Zuthat, um schmackhaft oder nahrhaft zu werden, – so auch gekochtes Obst – denn wo bei einem Gericht von Zucker oder gar Wein die Rede, wird man doch an keine tägliche Sache denken sollen, und für Leckermäuler reichen wenige Bäume hin.

Ich kenne nur 2 Sorten, die ohne Zuthat ein köstliches Gericht abgeben, die Mönchsbirne und den Borsdorfer, und ist das der Grund, daß für sie 1 fl. 30 kr. bezahlt wird, wenn die Goldparmäne etc. 48 kr. kostet. Es gibt die Mönchsbirne zwar köstliche gedörrte Schnitze, allein ihr höchster Werth ist zum Grünkochen.

Man erlaube mir, daß ich dieses zeige: die Birnen werden geschält in Schnitze geschnitten, mit wenig ganzem Zimmt in ein irdenes Gefäß gethan, mit Wasser übergossen, daß sie davon bedeckt sind, und bei gelindem Feuer wohl 3 Stunden lang langsam gekocht, so daß der Saft Honigdicke und Blutfarbe erlangt – ich kenne keine Sorten, die den so zubereiteten Mönchsbirnen an Köstlichkeit nur nahe kämen.

Ebenso werden Borsdorfer, mittelgroße und kleine, – die größeren sind nicht einmal gleich gut – geschält, aber der Stiel nicht weggenommen, der Kelch – aber ja nicht das Kernhaus – ausgestochen und neben einander in eine irdene Schüssel gelegt, mit wenig gestoßenem Zimmt überspritzt, für 1 Apfel eine Rosine und für 3 eine Gewürznelke zugethan, mit Wasser übergossen und wohl 3 Stunden lang gedämpft; es gibt keinen Apfel, der selbst bei Zucker- und Weinzusatz gleich gut wäre, selbst der Goldpepping ist fade dagegen, und was hauptempfehlend ist, ist, daß auch Gaumen, denen Obstkost geringe dünkt, etwas Leckeres darin finden.

Aber Hauptbedingung ist das lange und langsame Kochen, was überhaupt Grundsatz für alles Obst, auch gedörrtes, ist.

Zu obigem Zwecke ist der Borsdorfer noch gut, wenn er schon passirt (überreif) ist, ja, zum Dörren sogar in solchem Zustande noch besser, auch kann zu Apfelbrei weder der Gravensteiner, noch irgend ein Calville sich mit ihm messen, und zu Apfelpfannkuchen nicht einmal zweijährige Nonpareils.

Diel und seine Nachschreiber können den Borsdorfer nicht von der Seite gekannt haben, sonst hätten sie nicht von so vielen Sorten sagen können: „läßt sich wie Borsdorfer etc. verwenden.“

Wahr ist’s, der direkte Nutzen des Borsdorfer Apfelbaums für den Züchter ist geringe, aber man pflanzt ihn auch nicht direkt zum Verkaufe, sondern mehr zunächst für sich, deßhalb auch die allgemeine Klage über Unfruchtbarkeit, und doch würde man sich sehr täuschen, wollte man ihn überall als unfruchtbar betrachten. Wenn er auch in andern Gegenden Württembergs deßhalb nicht mehr gebaut wird – in meiner nächsten Umgebung könnte ich hunderte eichengroße Bäume aufzeigen, und werden – was praktisch, da der Borsdorfer langsam wächst – jährlich erwachsene Bäume damit umgepfropft.

Gedörrt wird wenig Obst bei uns, meist nur für den eigenen Bedarf, und leisten die

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_340.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)