Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 327.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Vogelbeere oder Weißdorn veredelt sind, aber auch bei manchen Obstsorten wahrnehmen kann, die auf den ihnen gleichen Wildling veredelt sind, und vielleicht am leichtesten bei Stämmen des Pigeon rouge bemerkt, der, wie auch frühere Pomologen schon statuirten, nach dem Grundstamme merklicher, als andere Aepfel abzuändern scheint, und von dem ich schon Früchte sah, die im Fleische und selbst im Welken mehrere Aehnlichkeit mit Reinetten hatten. Hier sind also noch vielfältige Erfahrungen zu sammeln, über die man am ersten in’s Reine kommen würde, wenn man sich allgemeiner derselben Unterlage, der Kerne der wilden Obstarten bedienen wollte. Man nehme diese, erziehe die Bäumchen in keinem zu guten Boden und freier Lage, pflanze in den Gärten die Stämme nicht zu nahe, auch in möglichst passenden, wo es nöthig ist, gut zubereiteten Boden, und suche, vornehmlich für die nächste Zeit, das Obst auf noch nicht benutzten Plätzen, selbst lieber im freien Felde, als in Gartenstücken, anzubauen, die schon ein Jahrhundert und länger für Obstbäume benutzt sind, und der Erfolg wird seyn, daß die meisten Mängel unserer Edelstämme, über die wir jetzt klagen, verschwinden werden. Manche andere Regeln, die man, um gesunde Bäume zu haben, angegeben hat, als z. B. die Pfropfreiser für Wildlinge nicht von Quittenstämmen oder Johannisstämmen zu nehmen, alle Fruchtreiser zu vermeiden etc., halte ich für irrig oder überflüssig. Wie Burchardt die Besorgnisse, die man in dieser Hinsicht hegt, bereits durch die Bemerkung zu widerlegen gesucht hat, daß er seine Reiser, die kräftig wachsende Stämme gegeben hätten, ja größtentheils von Diel’s Topfbäumen und Pyramiden auf Quitte erhalten habe, so kann ich dasselbe, bei den vielen Reiserbeziehungen von Diel, in noch ausgedehnterem Maße bekräftigen.

* * *

Wir kommen jetzt zu unserer letzten Frage, die wir nach dem Vorhergehenden leichter werden beantworten können. Ist es erwiesen, daß die Anzucht veredelter Stämme die Nachtheile nicht hat, die man von ihr herleiten wollte, so frägt es sich, ob sie umgekehrt nicht manche große Vortheile gewährt, die bei der Anzucht unveredelter Sämlinge wegfallen, und durch die selbst einzelne Mängel, welche die Edelsorten haben möchten, weit überwogen werden.

Schon das ist ein nicht zu verachtender Vortheil, daß man von veredelten Bäumen in der Regel früher Früchte erhält, als von den, bis zu eintretender Tragbarkeit oft erst ziemlich alt werdenden Wildlingen. Herr van Mons hat zwar, wie obgedacht ist, behauptet, daß bei seinen Sämlingen die Zeit ihrer Tragbarkeit außerordentlich bald eingetreten sey, und nur als Ausnahme sich bis zum 8. oder 11. Jahre nach der Aussaat verzögert habe; doch müssen wir in seinen Angaben über diesen Punkt wohl wieder etwas Uebertreibung suchen, und kommt wohl Millot zu Nancy, der im Jahre 1842, nach einem von Hrn. v. Mons 1841 gegebenen Versprechen, noch nach des letzteren Tode 100 zweijährige Sämlinge von der sechsten, von Herrn van Mons erzielten Generation erhielt, um daran selbst zu sehen, wie so bald sie tragen würden, und wie durchaus nichts Schlechtes darunter fallen werde, der Wahrheit schon näher, wenn er angibt (Bivort’s Album T. III, S. 11, bei der Birn Marie Anne de Nancy), Einige unter diesen Stämmen hätten wirklich schon 1848 die erste Frucht geliefert, mehrere schon 1849; mithin die Mehrzahl noch später. Nach den in Deutschland gesammelten

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_327.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)