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den Krebs, und auch von Diel angerathen, daß man Reiser der damit behafteten, sehr schätzbaren Sorten auf Holzapfelwildlinge veredeln, und von den heranwachsenden jungen Bäumen Reiser zum zweiten und dritten Male auf andere Holzapfelwildlinge setzen solle, um so, nachdem mehrere gesunde Mütter an der Verbesserung der kranken Sorte gearbeitet hätten, das Uebel zu heben, was allerdings, selbst wenn Krebs, wie mir scheint, seinen Grund zunächst im Boden hat, doch die entstandene Disposition einer Sorte zu Krebs, aufheben kann, wenn diese Disposition als entstandene Krankheit der Sorte betrachtet werden darf und nicht in ihrer Natur liegt; wenn gleich ich gestehen muß, darüber eigene Erfahrungen nicht zu haben. Es bleibt also nur noch der letzte, vorhin sub b) angeführte Grund gegen die Zweckmäßigkeit der Anpflanzung veredelter Obstbäume übrig, der allerdings sehr viel Scheinbares hat und sinnreich ist. Allein, abgesehen davon, daß schon Miller im Gärtner-Lexicon (verbess. von Huth, Nürnberg 1758, III, S. 265 und II, S. 5[WS 1]) die umgekehrte, vielleicht mehr für sich habende Behauptung aufstellte, daß die meisten Pflanzensorten, die man schon lange habe, durch die Wartung nach und nach besser und edler geworden seyen, imgleichen daß, wenn Knight’s und v. Mons Theorie wirklich Grund hätte, es uns, die wir jetzt so viele treffliche Samensorten neuerer Zeit haben, immer freistehen würde, diese neuen Sorten einige Jahrhunderte lang durch Veredlung fortzupflanzen, wenn sonst die Anzucht der Edelstämme Vortheile gewährt: so möchte es sich doch sehr schwer beweisen lassen, daß die kranken, untragbaren Sorten unter unserem Obste gerade die ältesten seyen, die wir besitzen; und wenn man auf der einen Seite sich gar sehr wundern müßte, daß unter den alten, so gewaltig abgelebten Obstsorten, wenn die Sorte nur so lange leben können soll, als der erste Baum von ihr, seiner Natur nach, hätte leben können, nicht schon gar manche rein ausgegangen sind, sondern immer noch leidlich leben, obwohl die Zeit ihres gänzlichen Todes, schon längst daseyn müßte, so wird es anderntheils sich leicht darthun lassen, daß selbst unter denen, die wir gewiß länger haben, als irgend das Leben eines einzelnen, auch noch so gesunden Obstbaums dauern könnte, sich völlig gesunde, große und ein hohes Alter erreichende Stämme finden. Um von unserm Kernobste abzusehen, dessen Alter im Dunkeln liegt, will ich hier z. B. nur auf die gewöhnliche Citrone und Apfelsine hinweisen, die beide seit alten Zeiten fortgepflanzt werden, ohne daß man über Kränklichkeit der Bäume derselben klagt. Auch der Oelbaum, den die Griechen in mythischer Zeit von der Pallas erhielten, wurde wenigstens schon vor 2000 Jahren, nach einer Stelle im Römerbriefe, durch Veredlung der edleren Sorten auf wilde Olivensämlinge fortgepflanzt, und ist nicht bekannt, daß man ihn durch Kernsaaten zu erneuern gesucht habe. Noch lebt er indeß ja rüstig fort, und wenn man in Frankreich über zunehmende Schwäche desselben klagen soll, so scheinen die Klagen, wenn sie Grund haben, in andern Umständen, als Ueberalterung der Frucht ihren Grund zu haben, zumal man aus Griechenland gleiche Klagen nicht vernimmt. Was unsere Obstsorten betrifft, so mag man daraus, daß wir manche Varietäten, die früher existirten, nicht mehr haben, nicht schließen, daß sie durch Alter der Sorte eingegangen seyen; sie gingen verloren, weil Niemand mehr sie fortpflanzte, oder weil, nach Verlorengehen des rechten Namens, keiner sie mehr kennt. Vielmehr

ist es wohl gar nicht zu bezweifeln, daß wir

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das englische Gartenbuch, Oder Philipp Millers […] Gärtner-Lexicon […]. Übersetzung von Georg Leonhart Huth. 3 Bände. Johann Georg Lochner, Nürnberg 1750–1758 e-rara.ch – die dahingehende Bemerkung findet sich Bd. 3, S. 237, 1. Sp., 2. Abs. (unter Pyrus)
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_320.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)