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Ueber die Classifikation der Kirschen,
von Dr. G. Liegel[WS 1], Apotheker zu Braunau a. I.
I. Classe. Die Süßkirsche. Mit süßem Fleische.
1. Ordnung.

Die Schwarzkirsche (Schwarze). Mit dunkler oder schwarzer Haut und färbendem Safte.

a. Unterordnung. Die schwarze Weichkirsche (Weiche). Mit weichem Fleische.

b. Unterordnung. Die schwarze Knorpelkirsche (Feste). Mit festem Fleische.

2. Ordnung.

Die Weißkirsche. Mit nicht färbendem Safte, mit bunter oder rother Haut.

a. Unterordnung. Die weiße Weichkirsche (Weiche). Mit weichem Fleische.

b. Unterordnung. Die weiße Knorpelkirsche (Feste). Mit festem Fleische.

3. Ordnung.

Die Gelbkirsche. Mit nicht färbendem Safte und einfarbig gelber Haut.

a. Unterordnung. Die gelbe Weichkirsche (Weiche). Mit weichem Fleische.

b. Unterordnung. Die gelbe Knorpelkirsche (Feste). Mit festem Fleische.


II. Classe. Die Sauerkirsche. Mit sauerem Fleische.
1. Ordnung.

Die schwarze Sauerkirsche (Schwarze). Mit färbendem Safte und dunkelrother oder schwarzer Haut.

a. Unterordnung. Die Süßweichsel. Mit säuerlich-süßem Safte.

b. Unterordnung. Die Weichsel. Mit sauerem Safte.

2. Ordnung.

Die Rothe Sauerkirsche (Rothe). Mit nichtfärbendem Safte und einfarbig, meistens hellrother Haut.

a. Unterordnung. Die Glaskirsche. Mit fast durchsichtiger Haut und angenehm säuerlichem Safte.

b. Unterordnung. Die Amarelle. Mit etwas trüber Haut und etwas bitterlich-sauerem Fleische.

Anmerkung. Die Süßweichsel und Glaskirsche haben große Blätter und gerade stehende Zweige, die Weichsel und Amarelle kleine Blätter und hängende Zweige.

Eine fehlerfreie Obstclassifikation muß die Merkmale in der Frucht allein suchen. Truchseß nahm aber den Baum zu Hülfe. Es gibt in der Botanik nur ein Geschlecht der Kirschen, Truchseß nahm aber zwei an. Bei jeder Eintheilung steht die Classe oben an, dann folgen die Ordnung, Unterordnung, Familie etc. Truchseß hat aber die letzte Eintheilung als Classe bezeichnet, was logisch unrichtig ist. Dann hat derselbe die Herzkirsche im Gegensatze der Knorpelkirsche angenommen. Letztere ist aber ebenfalls herzförmig; herzförmig bezeichnet, also nicht ausschließlich charakteristisch, was es bezeichnen sollte; unter Herzkirsche versteht Truchseß Früchte mit weichem Fleische, und verbindet damit einen Begriff, der dem Wortlaute nicht zukömmt. Dieß sind wesentliche Fehler seiner Classifikation, die hier vermieden sind. –

Anm. d. R. Wenn ich mir zu diesem recht übersichtlichen Systeme einige Bemerkungen erlauben darf, so wären es besonders die folgenden: Bei Süßkirsche und Sauerkirsche sollte die sich in den allermeisten Fällen sehr deutlich unterscheidende Form mit angeführt werden, und zwar Süßkirsche: Frucht herzförmig oder länglich-rund; Sauerkirsche: Frucht rund oder plattrund; ferner sollte wegen den wenigen Gelbkirschen nicht eine eigene Ordnung gemacht werden, sondern sie unter die Weißkirschen mit eingeordnet werden, was mit Zufügung eines einzigen Wortes geschehen könnte. Man würde setzen: „mit nicht färbendem Safte und gelber, bunter oder rother Haut.“ Ferner müßten die unterscheidenden Merkmale zwischen Süßweichsel und Weichsel etwas bestimmter gegeben werden, denn daß z. B. eine Ostheimer Weichsel einen rein saueren Saft haben solle, kann doch wohl nicht zugegeben werden. Sollten sich für die Unterordnungen der Sauerkirschen nicht im Stiel oder im Stein leicht brauchbare und sichere Merkmale finden lassen? – Für diejenigen Pomologen, welche sich bei Durchlesung obiger Worte Liegel’s: „Eine

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: H. Liegel
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_307.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)