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verdammen möchten. Daß vorgefaßte Meinungen, wie sie bei uns gegen die Obstcultur vorhanden sind, nicht durch Berufung auf die Erfahrungen anderer Länder überwunden werden können, leuchtet leicht ein, man wird hier es der Erfahrung überlassen müssen, solche Vorurtheile zu widerlegen, und obgleich dieß nur sehr langsam geschehen kann, so sieht man den Anfang davon doch auch schon in einigen Theilen unseres Landes, namentlich im Calenbergschen, wo bereits einzelne Gemeinden Communal- und Flurwege mit Obstbäumen bepflanzt haben, und daß dieß gerade im Calenbergischen geschehen, beweist doch auch wieder, daß selbst der als einer der zähesten unter unserer ländlichen Bevölkerung geltende Landmann keinesweges für Verbesserungen unzugänglich ist. Was aber den eben angeführten Haupteinwand betrifft, nämlich die Behauptung, daß die Erfahrung bewiesen habe, wie Klima und Boden des größten Theiles unseres Landes dem Obstbau nicht allein nicht förderlich, sondern geradezu widerstrebend sey, so muß dagegen behauptet werden, daß solche vermeintliche Erfahrung theils auf mangelhaften Beobachtungen beruhe, theils nur beweise, wie die Bedingungen für einen einträglichen Obstbau in unserem Lande andere seyen, als in südlicheren Gegenden, und daß die Obstbaumzucht und namentlich die Kenntniß der Obstsorten im Allgemeinen noch zu beschränkt und zu wenig auf sichere Grundsätze zurückgeführt seyen, um dem Obstbau unter den bei uns vorwaltenden Verhältnissen allgemein die verdiente volkswirthschaftliche Bedeutung in vollem Maaße zu verschaffen. Das Letztere wird auch von Niemanden bereitwilliger anerkannt werden, als von den Pomologen selber, die nicht an einem bloß handwerksmäßigen Betriebe sich genügen lassen, sondern eine mehr wissenschaftliche Behandlung erstreben. Daß aber trotz der großen Confusion, welche mit der neuerdings ins Ungeheure getriebenen Vervielfältigung der Obstsorten in der Pomologie eingerissen ist, doch von Seiten der die große Schwierigkeit der Aufgabe wohl erkennenden Pomologen noch immer die Versuche, Ordnung aus dieser Verwirrung herzustellen, fortgesetzt und eifrig erneuert werden, ist eben ein Beweis von der großen Liebe, welche die Beschäftigung mit der Obstbaumzucht und der Obstcultur denen, die sich ihr hingeben, einzuflößen im Stande ist, eine Erscheinung, die wir bei der Empfehlung der Obstcultur für unsern Landmann nicht ganz gering anschlagen möchten, denn das Interesse, welches der Obstbaum seinem Erzieher abgewinnt, ist gewiß in vielen Fällen geeignet, ihn zu einer sinnigen und veredelnden Betrachtung der Natur hinzuleiten.




Ueber das Auftreten und die Verbreitung der Maienkäfer im Kt. Zürich. Aus einem Vortrag des Hrn. Prof. Heer. Schweiz. Zeitschr. für Landw. von Kohler 1854, Nr. 12.

Die Maikäfer kommen in ihrer Hauptmasse durch ganz Mittel-Europa vor, vermindern sich jedoch mit der Zunahme der Bodenhöhe schnell, und werden bei uns nur in den Thälern und niedrigen Gegenden zahlreich getroffen. Das massenhafte Erscheinen der Maikäfer, je zu 3 Jahren, steht mit dem 3jährigen Lebenscyklus dieses Insektes in Verbindung. Merkwürdig ist aber dabei, daß z. B. in der Schweiz die Maikäferjahre nicht überall dieselben sind. So erscheinen um Basel die Maikäfer in all denjenigen Jahren, die sich durch 3 ohne Rest dividiren lassen; also Ao. 1854, 1857, 1860 etc. etc. Baslerflugjahr. Im Kanton Bern finden wir die Maikäfer in denjenigen Jahren, deren Jahreszahl mit 3 dividirt 1 zum Rest gibt, also 1852, 1855, 1858 etc.: Bernerflugjahr. Dem Urnerflugjahr gehört dann Uri an nebst denjenigen Gegenden, in welchen die Maikäfer in jenen Jahren auftreten, deren Jahreszahl mit 3 dividirt zum Rest 2 haben, also 1850, 1853, 1856, 1859 etc. Am kleinsten ist in der Schweiz das Gebiet des Baslerflugjahres. Im Kanton Zürich hat dasselbe gar keinen Boden, so daß wir also in den Jahren 1857 und 1860 etc. künftighin keine Aufforderungen zum Einsammeln der Maikäfer zu gewärtigen haben. Nach zehnjähriger Erfahrung fehlen die Maikäfer in 59 Gemeinden des Kantons gänzlich.

In Betreff des Sammelns herrscht noch nicht überall jener Eifer, der sich von selbst ergeben sollte bei denkenden Landwirthen. Weiß doch Jeder, welch empfindlichen Schaden die Inger (Engerlinge) dem Landbau zufügen. Seit den letzten 10 Jahren ist im Ganzen zwar kaum eine bedeutende Verminderung der Maikäfer zu beobachten gewesen, was wohl am besten beweisen mag, daß nicht genug für die Vertilgung der Maikäfer gethan wird. Anerkannt muß übrigens werden, daß in den letzten Jahren mehr geschah, als früher, und daß wenigstens im kleineren Gebiet des Urnerflugjahres eine Abnahme der Maikäfer zu beobachten war.



Verantw. Red.: Ed. Lucas in Hohenheim. – Stuttgart, Verlag von Franz Köhler; Druck von Karl Müller.

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_280.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)