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dieser Anzeige dabei zuerst auch eine Uebersicht des von Herrn Freiherrn von Aehrenthal vorgeschlagenen Systems fand, dessen kleines Werk: „Anleitung, unter den in Deutschland bekanntesten Obstsorten, ohne Beihülfe wissenschaftlicher Systeme, eine den verschiedenen Zwecken entsprechende Wahl selbst treffen zu können, Prag 1845“[WS 1] ihm erst kürzlich bekannt wurde, und aus dem Buchladen in diesem Augenblick noch nicht zugegangen ist, und dessen größeres pomologisches Kupferwerk er bisher noch nicht einsehen konnte, so stimmte derselbe von Herzen in die Bemerkung ein, daß das frühere Fehlen eines pomologischen Journals, das pomologische Notizen Jedem leicht zugänglich machte, in der That ein wesentlicher Mangel gewesen sey. Was aber Herrn Dochnahl’s aus dessen kleiner Schrift von 1847, aufgeführtes System betrifft, so ist zu bemerken, daß Herr Dochnahl dasselbe in seinem obgedachten Werke über die Aepfel bereits so wesentlich geändert hat, daß es ein gänzlich anderes geworden ist. Ob dieses System nun, wie Hr. Dochnahl glaubt, und mit einer gewissen Geringschätzung der bisherigen Leistungen unserer tüchtigsten Pomologen behauptet, nunmehr erst vollkommen und wissenschaftlichen Anforderungen entsprechend und genügend sey, ob es insbesondere für den, der Obstfrüchte noch nicht kennt und nach ihrem rechten Namen aufsuchen will, sicherer und weiter führend sey, als das Diel’sche System, so daß es gerathen wäre, dieses zu verlassen, steht wohl sehr dahin, und möchte Concipient dieser Anzeige, bei aller Achtung gegen Hrn. Dochnahl’s Kenntnisse, Geistesgewandtheit und Thätigkeit, vollkommen daran zweifeln. Versuche derer, die noch unbekannte Obstfrüchte nach diesem Systeme aufsuchen wollen, werden nähere Entscheidung darüber geben müssen.

Lehrreich ist in dem Werke unseres Hrn. Verfassers auch die in der Einleitung gegebene Zusammenstellung der französischen Cyderäpfel und der gangbarsten Art, wie man in Frankreich den Cyder bereitet, wo in der That sehr anregend für unsern deutschen Obstbau die Notiz ist, daß in Frankreich 30 Departements sich mit der Bereitung von Obstwein beschäftigen, die 700 bis 875 Millionen Preuß. Quart. Obstwein, zu dem Werthe von 171/3–20 Millionen Thaler produciren. Ebenso interessant ist die gegebene Uebersicht, wie der verstorbene Metzger für die süd- und westlichen Gegenden Deutschlands die Aepfel nach ihrer Tauglichkeit für wärmere Lagen und höhere Gebirgsgegenden, für Gärten mit Grabeland und größere Baumstücke mit Grasboden zusammengestellt hat, wenn man gleich diese Zusammenstellung noch für sehr unvollkommen und nicht selten, bei Empfehlung einzelner Früchte für diese oder jene Lage (z. B. der Guten Louise. Virgouleuse, Colmar für Hausgärten in höheren Gebirgslagen) für unmotivirt und schwerlich auf wirkliche Erfahrung gegründet, halten möchte. Erfahrungen über diesen so wichtigen Punkt der Pomologie müssen wir noch weit mehr sammeln, ehe irgend Genügendes darüber gegeben werden kann.

Nicht ganz übereinstimmen kann ich mit dem Herrn Verfasser in folgendem Punkt. S. 50 der Einleitung sagt er, in Beziehung auf eine Bemerkung in der Einleitung zu meiner Schrift von 1852, wo ich geschrieben hatte „was die Baumschuleninhaber betrifft, so wird es erforderlich seyn, daß Jeder derselben sich bemühe, nur wissenschaftlich bestimmtes Obst unter deutschen Namen anzuziehen etc.“, er könne dem: „nur unter deutschen Namen“, nur bedingungsweise zustimmen, denn wir hätten bis jetzt in Deutschland keine einzige pomologische Autorität solcher Hoheit und Kraft erlebt, daß deren Aussprüche allgemeine, unwandelbare Gültigkeit erlangen könnten; wir hätten und erkenneten keinen pomologischen Papst, und so bestehe auch als historische Wahrheit, daß alle unsere Obstsorten unwandelbare deutsche Namen bis jetzt noch nicht hätten und führten, sondern unter mancherlei Benennungen, je nach diesem oder jenem pomologischen Meister, oder wenn sie hier und dort bekannt seyen, umliefen, und von jedem neuen Pomologen sich oft wieder eine Umtaufung oder Modifikation gefallen lassen müssen; weßhalb denn, zumal selbst mancher Baumschulenbesitzer sich gar oft für eine Art pomologischen Papstes halte und Namen ertheilen zu dürfen glaube, man wohl dem Himmel danken müsse, daß in sehr vielen Fällen die ausländischen Namen in der allgemeinen Verwirrung uns sagten, was wir eigentlich unter den verschiedenen deutschen Namen begreifen. Wir könnten daher und dürften die ausländischen Namen nicht entbehren und verbannen, so lange nicht unsere Pomologie ihr Tridentinum und dessen Feststellungen erlebt habe.

Vielleicht hat der Herr Verfasser meine obgedachte Aeußerung und Forderung nur unrichtig aufgefaßt. Ich habe die Fremdnamen für das Obst nicht für die Pomologen und aus den Handbüchern der Pomologie verbannen wollen; da sind sie am Platze und jeder Pomologe mag und muß sie sich merken. Ich habe sie nur, und

auch nur so viel wie möglich, aus den Baumschulen

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann von Aehrenthal: Anleitung, unter den in Deutschland bekanntesten Kernobstsorten ohne Beihilfe wissenschaftlicher Systeme eine den verschiedenen Zwecken entsprechende Wahl selbst treffen zu können […]. Prag 1845 California
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_274.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)