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seyen zu zärtlich erzogen und kämen deßhalb in jenen Gegenden nicht fort.

Forschen wir aber genauer nach den Ursachen dieses Mißrathens des Baumsatzes, so finden wir, daß meistens, wenigstens kann ich dieß von der Hohenheimer Baumschule genau versichern, entfernt nicht in einer Verzärtelung der Bäume durch zu guten Boden, der Grund ihres Nichtfortkommens liegt, sondern gerade im Gegentheil darin, daß der Grund zu mager war. Es bestanden eine lange Reihe von Jahren 2 Baumschulen hier, und erst 1845 wurde, nachdem viele Tausende junge Bäume durch den Frost getödtet worden waren, die eine gänzlich und für alle Zeit verlassen. Diese sog. untere Baumschule umfaßte einen Raum von 45 württ. Morgen. Leider war der Boden für junge Obstbäume durchaus nicht tauglich; er hatte nicht die nöthige Tiefgründigkeit, da eine sehr zähe Schicht von mit Liassandsteinen durchschichtetem gelben Letten, hier schon oft 1′ unter der Krume liegt, wodurch der Boden naß und kalt wurde, und ferner war vor der Anlage als Baumschule ein Baumgut da gewesen, von dem damals zwischen den jungen Bäumen noch einzelne Bäume und Gruppen derselben standen, die aber ebenfalls auf diesem Boden sehr geringe Erträge lieferten, jedenfalls aber fanden die jungen Obstbäume in diesem für ihre Ausbildung bestimmten Boden gar zu wenig Kraft. Ihre Entwicklung war daher auch eine äußerst langsame, ihre Wurzelbildung eine sehr unvollkommene. Die Bedingungen zum guten sicheren Anwachsen fehlten; die Bäume hatten nicht Gelegenheit, eine gewisse Menge von Nahrungsstoffen in ihr Gewebe aufzunehmen und dieselben dann zur Bildung neuer Wurzeln und Triebe zu verwenden, die säfteleitenden Gefäße waren in Folge ihres äußerst langsamen Wachsthums zu sehr verholzt, die Rinde sehr fest, hart und zähe, und dieß war der Grund, warum so viele Bäume aus der erwähnten Baumschule weder in wärmeren und besseren Lagen, noch in rauheren und schlechteren gerathen sind. Seit die jetzige Baumschule, die einen tiefgründigen Lehmboden hat, im Betrieb ist und aus dieser Bäume abgegeben werden, klagt Niemand mehr über Nichtanwachsen. Möchte dieses Beispiel zur Warnung dienen für Baumschulbesitzer und Baumpflanzer, damit sie einestheils ihren Baumschulen einen so kräftigen Boden geben, daß die Bäume in 7–8 Jahren ihre volle Ausbildung und Stärke erlangen, anderntheils Bäume aus Baumschulen, deren Boden ausgesogen und kraftlos ist, nicht pflanzen und endlich doch von dem Glauben lassen, daß Bäume in schlechtem Boden gezogen, in allen Verhältnissen, also auch in geringeren Böden gut gedeihen und zwar besser als solche, die in einem kräftigen Lande aufgewachsen seyen, was durchaus unrichtig ist. Allein ebenso viel wie auf den Boden, kommt es auf die Lage einer Baumschule an. Freie, offene, unbeschützte Lage und guter kräftiger Boden sind die Hauptbedingnisse für eine Baumschule, die uns Bäume an die Straßen, auf die Felder u. s. w. liefern soll. Wie selten entsprechen nun aber die Gemeindebaumschulen diesen Erfordernissen. Jeder Ort hat seine beschützten, warmen und eingeschlossenen Lagen; gerade solche sucht man gewöhnlich zu Baumschulen aus; es können demnach auch Bäume, in einer zu dem Ort gehörigen, zwischen den hohen Mauern des Friedhofs, der Kirche u. s. w. eingeschlossen gelegenen Baumschule erzogen, für die freien und offenen Lagen in derselben Gegend viel zu zärtlich erzogen seyn.

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Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_267.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)