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muß, oder es rührt vom Mangel an Nahrung her, und findet sich auch bei schlechteren Sorten. Mein großer Bardowicker Probeapfelbaum ließ, ehe ich ihn zum Probebaume machte, einen guten Theil seiner Früchte schon vor Michaelis fallen, und die übrigen saßen auch nicht, bis sie die völlige Baumreife hatten. Nachdem er viele Sorten trug, ließen nur ein paar Zweige die Früchte zu früh fallen, und darunter waren 2 Samensorten; die übrigen Zweige hielten ihre Früchte selbst in heftigen Winden fest, wenigstens so fest als irgend ein anderer Baum. Mit einem andern Probebaume machte ich bei Nienburg ganz dieselbe Erfahrung.

Daß ein Baum ein ums andere Jahr nur recht tragbar ist, kann nicht unbedingt ein Fehler genannt werden, denn er bringt es im nächsten Jahre wieder ein, und trägt dann so voll, daß er keine Blüthaugen wieder machen kann, weil aller Saft auf die Früchte verwandt wird. Auch scheint dieß Wechseln im Tragen mehr ein Eigenthum unserer deutschen Sorten, als der aus Frankreich zu uns gekommenen zu seyn. – Und was endlich den Wurm- und Raupenfraß betrifft, so ist es Uebertreibung, wenn v. Mons von seinen Bäumen sagt, „aucun insecte n’y touche“, und hat er wirklich mehrfältig die Beobachtung gemacht, daß Insekten seine Bäume und deren Früchte wenig angingen, so hat es entweder in seinen Pflanzungen, als frisch auf einem mit Bäumen noch nicht bestandenen Boden angelegt, noch wenig Insekten gegeben, oder die gemachte Erfahrung ist für die Güte eines großen Theiles seiner Sorten kein Compliment. Die Raupen fallen alles an, was ihnen vorkommt; höchstens treibt ein Instinkt die Schmetterlinge mehr zu den großen Bäumen, wo die Jungen reichlicher und länger Nahrung finden werden. Diejenigen Insekten dagegen, welche die Früchte anstechen, daß diese schon jung abfallen, oder als wurmstichige reifen, wohin mehrere kleine Tenthredoarten gehören (ein Freund von mir zog aus angestochenen Pflaumen auch einen kleinen Rhynchites), sowie die Tinea pommella, Pyralis nigricana[WS 1] und andere, fallen allerdings gern auf die Früchte alter und kranker Bäume; aber insbesondere sind es gewisse bestimmte Sorten, besonders die edleren und süßen Früchte, die von ihnen aufgesucht werden, und sie gehen ebenso gut auf neuere Samensorten, als sie die ältesten Fruchtarten vermeiden, wo sie bessere Leckerspeise haben können. Leidet daher eine Frucht von ihnen mehr, als eine andere, so ist das meistens ein Zeugniß für ihre Güte. Vorzüglich schädlich sind sie den Pflaumen, wo sie in Jahren, die ihrer Vermehrung günstig waren, nicht selten ganze Erndten verderben. Finden sie nur Kreeken (Krinchen), so gehen sie auch diese an; sind aber irgendwo süße Reineclauden zu haben, so suchen sie diese ganz vorzüglich heim. Zwei Reineclaudenbäume in Bardowick, die schon 10 Jahre standen, und 4 erwachsene in Nienburg haben mir in respektive 8 und 14 Jahren, obwohl sie jährlich tausende kleiner Früchte ansetzten, zusammen vielleicht nicht 10 Schock Früchte getragen. Aber ganz ebenso ging es mit der von Diel erhaltenen, wohl nicht ächten Waterloopflaume, einer neuen, der Reineclaude ähnliche Samensorte, und habe ich überhaupt bei dem auf den Probebirn- und Pflaumenbäumen häufig selbst vorgenommenem Auspflücken der angestochenen Früchte (damit die Würmer darin nicht die noch vorhandenen Früchte gleichfalls zerstören möchten), generell unter älteren und neueren Obstsorten, in der hier

fraglichen Hinsicht gar keinen Unterschied

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nigricona (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_248.jpg&oldid=- (Version vom 7.12.2018)