Seite:Pomologische Monatshefte Heft 1 240.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

respect. unvollkommen, als bei ihrem ersten Erscheinen.

Was denn nun, um näher auf unsere Untersuchung einzugehen,

1) die Größe und den raschen, schlanken Wuchs betrifft, den die Sämlinge haben sollen, so ist das Rühmen davon übertrieben. Jedes organische Wesen hat seine eigenthümliche raschere oder langsamere Entwicklung und Grenzen seiner Ausdehnung, daher ist hierin unter den Sämlingen eine ebenso große Verschiedenheit, als unter den Edelsorten. Es gibt unter den letzten solche, die sich langsam entwickeln oder klein bleiben, als Edler Winter Borsdorfer, Winter Ambrette, Beurré blanc, Pigeon rouge etc.; aber ebenso gut fallen deren unter den Sämlingen, vorzüglich wenn die Kerne von klein bleibenden Sorten genommen werden, und gibt es unter den Birnsorten, die Hr. van Mons und Andere erzogen haben, nicht wenige, die klein bleiben, wie man so oft in Bivort’s Album angemerkt findet, daß die vorliegenden Sorten schwach treiben. Die an Diel gekommene Aremberg wächst auf den frechsten Wildlingen ganz zwergartig; die Comperette, Winter Dechantsbirn, Schmidtberger’s Butterbirn, Theodor Körner, Angeline, Westrumb und andere, erfordern zur Unterlage starktreibende Wildlinge, wenn sie nicht zu klein bleiben sollen, und schon aus dem Umstande, daß die neueren, durch Kernsaaten gewonnenen Früchte, vorzüglich auch die Birnen, zum größeren Theile weit früher tragen, als gar manche alte Obstsorten, kann man folgern, daß deren Bäume, wenn sie gleich anfangs ein rasches[WS 1] Wachsthum entfalten, doch nie die Größe und Lebensdauer der Bäume von vielen alten Obstsorten erlangen können, die erst, nachdem sie eine Reihe von Jahren gestanden haben und zu beträchtlicherer Größe gelangt sind, recht fruchtbar werden. Vielmehr ist gewiß zuversichtlich richtig der von v. Mons selbst, freilich im Widerspruch mit andern Behauptungen[WS 2], ausgesprochene obgedachte Satz, daß man glauben möchte, die Existenz der öfter durch Kernzuchten erneuerten Früchte werde in dem Maaße ungewisser, als sie auf Kosten ihrer Lebensdauer an Geschmack, früher Tragbarkeit etc. sich vervollkommnet hätten. Wir wollen darum die neueren Obstsorten nicht verwerfen, denn auch nicht allzugroß werdende und früh schon tragbare Bäume haben ihre eigenen Vortheile. – Sind wirklich und ohne übertriebene Angabe von den Sämlingen des Herrn Mons in 6 Jahren auch nur viele (von der Mehrzahl wollen wir abstrahiren), und buchstäblich genommen, nur zu der Höhe der größten Apfelbäume gelangt, so lag die Ursache ganz gewiß in seinem sehr günstigen Boden, und ist wenigstens mir kaum ein ähnliches Beispiel selbst bei unversetzt stehen gebliebenen Kirschen vorgekommen. Ich selbst habe nur einmal mit etwa 120 aus Birnkernen gezogenen Sämlingen in Nienburg den Versuch gemacht, sie ohne Veredlung aufwachsen zu lassen (ein zweiter Versuch ist durch meinen Umzug nach Jeinsen gestört); die Stämmchen wuchsen im Sommer, nachdem sie aufgelaufen[WS 3] waren, gut; nachdem sie aber in dem Garten vor der Stadt 2½ Fuß weit auseinander gepflanzt waren, standen sie 6–7 Jahre, in welcher Zeit doch auf den nebenliegenden Beeten die veredelten Stämme von Kernobst zu starken, verpflanzbaren Baumschulenstämmen mit guter Krone heranwuchsen, ohne daß die große Mehrzahl anders als ganz zwergartig, ja verkrüppelt gewachsen wäre, so daß ich sie zuletzt entfernte.

Nur ein Dutzend darunter entwickelte

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: rechtes (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
  2. Vorlage: Bestätigungen (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
  3. Vorlage: ausgelaufen (vgl. Anzeige von Druckfehlern)
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_240.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)