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der in Hannover oder Herrenhausen seinen Sitz hat, und der sich auch um die Verbesserung und Verbreitung des Obstbaues in unserem Lande (namentlich auch durch Herausgabe der von dem königl. Garteninspektor Bayer verfaßten Anweisung zum Obstbau und zur Benutzung des Obstes für den Bürger und Landmann; Hannover 1846, eine in ihrer Art noch unübertroffene kleine Schrift[WS 1]) große Verdienste erworben hat, sich jetzt, wenn auch nicht förmlich aufgelöst, doch seit längerer Zeit so unthätig verhalten hat, daß man nicht einmal mehr weiß, ob dieser Verein noch existirt oder nicht. Hoffen wir, daß die Anregung zur Wiederbelebung dieses Vereins, welche bei Gelegenheit der vorjährigen fünfzehnten Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe zu Hannover von einigen Pomologen gegeben worden ist, erfolgreich ausfallen möge, denn von welchem Nutzen die patriotische Thätigkeit einer solchen Gesellschaft für ein ganzes Land werden kann, hat sich nicht allein in Frankreich und Belgien, sondern bereits auch in Deutschland vielfach gezeigt, neuerdings vorzüglich in Böhmen, wo vor dreißig Jahren der Obstbau noch ebenso vernachläßigt war wie in dem größeren Theile unseres Landes, und wo durch die Thätigkeit von Obstbau-Vereinen die Wissenschaft und die Praxis des Obstbaues seitdem so gefördert worden, daß Böhmen jetzt durchschnittlich jedes Jahr für einige Millionen Gulden Obst ausführt und daß selbst in dem rauher gelegenen Klattauer Kreis jetzt mehr Obst producirt wird, als in mehreren großen Comitaten Ungarns zusammengenommen. Daß in unserem Königreiche aber der einzige größere Gartenbau-Verein so völlig in seiner Thätigkeit hat erlahmen können, muß um so mehr auffallen, da bei uns nicht allein doch einzelne Theile des Gartenbaues, namentlich die Blumenzucht – die freilich vorzüglich durch die zur herrschenden Mode gewordenen Künsteleien in Erzeugung von Bastard- und monströsen Pflanzen und durch die vorzugsweise auf die Kultur solcher Pflanzen gerichtete Thätigkeit der sog. Blumisten ebenso der Hebung der Gartenkultur überhaupt mehr schadet als nützt, wie sie auch den Sinn für die wirklich schöne Gartenkunde mehr verderbt als angeregt hat – so viele selbst enthusiastische Liebhaber gefunden hat und in Herrenhausen so viele Mittel und Kräfte wie irgendwo zur Anregung und Concentrirung einer solchen patriotischen Thätigkeit schon vorhanden sind, sondern auch die landwirthschaftlichen Vereine in neuester Zeit bei uns gerade ein so reges zu den besten Hoffnungen einer segensreichen Thätigkeit berechtigendes Leben entwickelt haben. Fragt man nun nach der Ursache dieser Erscheinung, so erhält man gemeiniglich zur Antwort, daß in dem größten Theile des Königreichs Hannover Klima wie Boden dem Obstbau wenig oder gar nicht zusage und daß gerade die neueren Versuche zur Hebung und Ausbreitung des Obstbaues neue Beweise dafür geliefert hätten, indem z. B. die Anpflanzung von Obst an Chausseen im ganzen Lüneburgischen trotz der vielen darauf verwendeten Mühe gänzlich mißglückt seyen. In anderen Gegenden zwar habe die Bepflanzung der Chausseen und der Communalwege mit Obstbäumen einen bedeutenden Ertrag geliefert, es sey aber noch die Frage, ob eine solche Anpflanzung den anliegenden Aeckern nicht wenigstens ebenso viel schadete, als der Obstertrag Gewinn bringen könne. –

(Schluß folgt.)



Baumanstrich gegen Raupen.

In der Sitzung der Section für Obst- und Gartenbau, welche am 19. September 1853 bei Gelegenheit der 23. Versammlung des rheinpreußischen landwirthschaftlichen Centralvereins in Bonn stattfand, bemerkte Herr Gutsbesitzer Moll von Annaberg bei Friesdorf, daß er mit dem größten Vortheile einen Anstrich schon seit längerer Zeit anwende, um die Raupen etc. von seinen Obstbäumen abzuhalten; derselbe besteht in Folgendem: für die zarteren Zweige nimmt man Holztheer 1/3, schwarze Seife 2/3; für den Stamm und die stärkeren Aeste Steinkohlentheer 2/3, schwarze Seife 1/3. Diese Ingredienzen werden in einem Faß mit lauwarmem Wasser so lange zusammengerührt, bis das Ganze die Konsistenz einer Tüncherfarbe besitzt und mit einem Maurerpinsel aufgetragen. Dieser Anstrich hält auch wegen des Theergeruchs die Hasen von den Obstbäumen ab.



Guttapercha als Baumkitt.

Zwei Loth Guttapercha werden mit einem Pfund dickem Terpentin in einer eisernen Pfanne geschmolzen und hierauf in Kugeln geformt. Diese Masse kann mit feuchten Fingern geknetet und in feine Häutchen ausgezogen werden, die sich zur Bedeckung von Schnitt- und anderen Baumwunden vorzüglich eignen.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. G. C. Bayer: Anweisung zum Obstbau und zur Benutzung des Obstes, für den Bürger und Landmann. Hannover 1836 MDZ München
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_215.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)