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kann, noch die Rebe fortkommt; wo aber selbst an den steileren Abhängen der Berge der kräftige Obstbaum in dem Gestein seine Wurzeln fortwuchern läßt, von dessen Früchten der Mensch einen Theil seines Unterhalts schöpft. Wenn man bei uns in Württemberg fragt, welche Obstsorte die verbreitetste und zugleich einträglichste sey, so müssen wir den Luikenapfel oben an stellen, dessen Anpflanzung nicht genug empfohlen werden kann. Die Früchte des Luikenbaums gehören zu den mittelgroßen Aepfeln; sie sind plattrund und schön karmoisinroth gestreift. Man verwendet den Luikenapfel sowohl als Tafelobst, als auch besonders, da er einen vortrefflichen Most und delikate Schnitze liefert, für die Oekonomie. Wegen seiner Fruchtbarkeit findet sich der Luikenapfel bei weitem vorherrschend vor allen andern Sorten angepflanzt und es gehören die Mehrzahl der in den Obstgegenden des Landes angepflanzten Apfelbäume dieser Sorte an; er ist auf jedem Baumgut zu treffen, er gedeiht in rauhen hochgelegenen Gegenden, und kommt in tiefem feuchtem Grunde fort, wo überhaupt noch Obstbau betrieben werden kann. Der Luikenbaum ist in seiner Blüthenzeit weniger den nachtheiligen Witterungseinflüssen ausgesetzt als andere Bäume, da er 10—12 Tage später blüht, als die meisten Aepfel, die Entwicklung der Knospen dann aber einen raschern Verlauf nimmt, und somit die jungen Triebe dem Raupenfraße durch die Spannraupe sowie dem Froste weniger unterliegen.

Es ist deßhalb schon oft in weniger obstreichen Jahren vorgekommen, daß man den Ertrag an Obst nach der Frucht des Luikenbaums bemessen mußte.

Nachtrag.

Obgleich der Luikenapfel und seine Eigenschaften ziemlich bekannt sind, nahmen wir gerne diesen kurzen Artikel eines erfahrenen Obstzüchters auf, da in neuester Zeit von Herrn Garten-Inspektor Jühlke in Eldena erklärt wurde, es tauge dieser Apfel für Norddeutschland nicht. (Vgl. Jühlke Fortschr. d. Ländl. Gartenbaus pag. 180.) Dieses Urtheil möge aber schon deßhalb von dem häufigen Anbau jenes nutzbaren Apfels nicht abhalten, als Metzger, von welchem Jühlke die Reiser 1839 bezog, im Jahr 1846 auf der Versammlung der süddeutschen Obst- und Weinproducenten in Heilbronn erklärte, als er die schönen Luikenäpfel dort sah, er habe die rechte Sorte gar nicht, denn sein Baum ließe jährlich die Früchte zum Theil vor der Reife fallen, was bei unseren Luiken nie vorkommt. Ich sah später diesen Baum im Heidelberger Landw. Garten und seine Früchte, die allerdings in Form und Färbung ziemlich unsern Luiken ähnlich sind, sich aber dennoch, namentlich im Geschmack wohl unterscheiden ließen. Metzger erbat sich erst 1846 von Herr Stadtpfarrer Hörlin und mir Edelreiser von echten Luiken. Es ist also mehr als wahrscheinlich, daß Jühlke 1839 ebenfalls den falschen Luiken, eine Abart, die nicht selten Blaue Luiken oder Falsche Luiken genannt wird, von Metzger erhalten hat, einen Apfel, der mit dem echten Luiken zwar Aehnlichkeit hat, aber seine guten Eigenschaften weitaus nicht besitzt und deßhalb auch in Württemberg, überall wo er noch vorkommt, umgepfropft wird.

Herr Eßig hat mir zur Vertheilung eine Parthie Edelreiser des echten Luikenapfels zuzusenden die Güte gehabt und es stehen solche daher in kleinen Parthien bis

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_135.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)