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Spruch: „Was hier dein Auge Schönes hat gesehen, es möge zwecklos nicht an Dir vorübergehen,“ galt mir als Mahnung auch für die vielen Freunde des Obstbaus, die diese schöne Ausstellung nicht besuchen konnten, hier Einiges über dieselbe mitzutheilen.

Mein Weg führte mich durch einen großen Theil des Kantons Thurgau. Schwerlich dürfte eine andere Gegend im Norden oder Süden bezüglich großartiger und gut gehaltener Obstpflanzungen den Thurgau übertreffen, den man mit allem Rechte einen großen Obstgarten nennen könnte. Diese Reihen von Bäumen, vorzüglich von Birnbäumen, unter denen besonders die Langbirn (Wadelbirn) und die Schweitzer Wasserbirn (Thurgaubirn), sowie die Langstielerbirn (Griese- oder Friesebirn) hervorragen, die in zahlreichen Exemplaren überall uns begegnen, setzen gewiß jeden Kenner und Freund der Obstkultur, der das erste Mal diese Gegend bereist, in Erstaunen. Feines Tafelobst darf man allerdings hier nicht in großer Auswahl zu finden hoffen; die vorherrschend angepflanzten Sorten dienen meistens nur zur Mostbereitung und zum Dörren (zu Stückli) aber gerade in dieser Verwendbarkeit zu ökonomischen Zwecken, in dem massenhaften Verbrauch, liegt der Grund, daß solche ausgedehnte Obstpflanzungen hier, wo der Boden einen so hohen Werth hat, doch zu den einträglichsten Kulturen gezählt werden. Allein die Bäume gehören auch nur solchen Sorten an, welche nach, man darf wohl sagen, hundertjährigen Erfahrungen als die tragbarsten und nutzbarsten, als solche, die ganz für die dortigen climatischen und Bodenverhältnisse taugen, anerkannt sind und kein Thurgauer würde der Behauptung beistimmen, daß ein Beurré blanc Baum mehr einträgt als die ganz ungenießbare Berglerbirn oder die dortige Weinbirn. Besonders nachahmungswerth erschien mir die Distanz von 40–50 Fuß, in welcher die Bäume auf den dortigen Matten (Wiesen) und Aeckern gepflanzt sind, und die ganz einfache Methode dieselben vor der Beschädigung durch die Ackerwerkzeuge zu schützen, sowie auch, daß größtentheils die Kronen gut ausgelichtet und von dem unfruchtbaren Innenholz befreit waren. Was jenen Schutz vor dem Pfluge betrifft, den man gewöhnlich durch das kostspielige Mittel, den Baum mit 3 starken Pfosten zu umgeben, nur vollständig erreicht, so wird hier in folgender Weise verfahren. Man häufelt die vorher aufgelockerte Erde um jeden auf Ackerland stehenden Obstbaum 1½–2′ hoch, in Form einer Ellipse an, ungefähr 4½′ breit und 7–8 Fuß lang. Der Pflug wird nun durch diese Erdhügel von dem Stamm abgeleitet, während er den Boden zwischen den Bäumen in der Baumreihe vollständig lockert und ebenso kann die Egge nicht an den Stamm gelangen und ihn beschädigen. Zugleich wird hierdurch das kostspielige Spaten (Umgraben) schmaler Erdstreifen von Baum zu Baum, wie es sonst oft üblich ist, entbehrlich gemacht. Dieses Auflockern und Anhäufeln der länglichen Erdhügel um den Stamm geschieht natürlicherweise immer vor dem Umpflügen und ich traf gerade jetzt an mehreren Orten Arbeiter bei diesem Geschäft.

In Zürich angelangt und von meinem verehrten Freund Regel, Obergärtner am Botanischen Garten auf’s herzlichste aufgenommen, besuchte ich einige dortige Gärten, die für den Obstzüchter besonderes Interesse darbieten, so namentlich die Gärtnerei des Herrn Fröbel[WS 1], die eine ziemlich bedeutende Baumschule enthält, in welcher

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Leopold Karl Theodor Fröbel (1810–1893), bedeutender schweizer Landschaftsarchitekt und Pflanzenzüchter.
Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_089.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)