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eingekürzt, sowie die Geiztriebe auf ein Gelenk eingestutzt werden; die Gabeln werden entfernt. Wenn man den Zapfenschnitt anwendet, ist es nur nothwendig bei dem ersten Gelenk über der Traube zu stutzen, und ausgenommen, wenn man leere Räume ausfüllen will, alle Schosse zu entfernen, die keine Frucht tragen.

Pflaumen und Kirschen. Diese verlangen ebenfalls ein Ordnen ihrer Sommerschosse im Mai und wiederum im Juli, wo schlechtgestellte Triebe und die, die zu nahe am alten Holz sind, entfernt werden. Diejenigen, welche man zur Erzeugung von Bouquetzweigen zu erhalten wünscht, werden auf 1 oder 2 Augen eingestutzt. Weichseln verlangen ein starkes Verdünnen, da diese eine größere Zahl von jungen Trieben entwickeln, als Kirschen. Es müssen auch besonders die als Zwergbäume angepflanzten Pflaumen und Kirschen auf die genannte Art behandelt, und zu starke und zu dicht stehende Triebe entfernt werden, damit Licht und Luft in das Innere des Baumes eindringen kann.

Aepfel und Birnen. Diese Bäume tragen ihre Früchte an natürlichen oder durch den Schnitt erzeugten künstlichen Fruchtsporen (spurs). Diese Fruchthölzer (Quirlholz) produziren aber statt Früchten eine unnöthige Menge von schlechtem oder unfruchtbarem Fruchtholze (breast wood), in Folge einiger Hauptkulturfehler, namentlich in Folge des zu tiefen Pflanzens oder wenn sie in zu reichem Boden stehen; hier ist auch nicht leicht zu helfen. Der Schnitt hat wenig Wirkung außer wenn diese Sporen dicht am alten Holz weggeschnitten werden. Wahrscheinlich ist das beste Mittel den Baum zu heben, ihm die stärkern Wurzeln wegzuschneiden und nur die kleinern Wurzeln beizubehalten.

Beim Zurückpflanzen sorgt man dafür, daß die Wurzeln in eine so viel wie möglich horizontale Lage kommen.

Zugleich muß aber auch die Krone verjüngt und die Aeste nahe am Stamm abgeschnitten werden, wonach sich eine große Anzahl junger kräftiger Schoße bilden, aus denen man eine neue Baumkrone formt. Es ist dieß das beste Verfahren um einem solchen radikalen Fehler abzuhelfen, indem Ringeln und andere Mittel hier nicht helfen können.

Was die Sommertriebe betrifft, die zu entfernen sind, so sollen diese möglichst frühe, ehe sie die Gestalt von Sporen erhalten haben, eingekürzt werden.

In diesem Fall bricht man sie auf 2 oder 3 Augen ein und läßt den gebrochenen Theil daran hängen; hierdurch hat man die Wahrscheinlichkeit, daß die unteren Knospen früher fruchtbar werden.

Zwergbäumen von Aepfeln und Birnen ist der Sommerschnitt besonders förderlich, indem dadurch eine Anzahl von Sommerschossen entfernt werden, andere verkürzt um Fruchtholz zu erzeugen, und man behält nur einige gesunde Schosse unverkürzt um die Stellen auszufüllen, die leer geworden oder wo Zweige absterben wollen.

Wenn ein zu üppiger Wuchs vorhanden ist, so kann das oben angegebene Heben und höher Setzen mit großem Vortheil angewendet werden.

Auch bei Johannis- und Stachelbeeren ist der Sommerschnitt vortheilhaft, indem dadurch unregelmäßige Schosse, oder solche welche doch bei dem Winterschnitt weggenommen werden müssen, entfernt werden. Bei den Himbeeren werden durch den Sommerschnitt die überflüssigen Wurzelschosse entfernt.

Ich kann diese Abhandlung nicht beendigen, ohne zu erwähnen, daß einer der größten Fehler beim Pflanzen der Bäume der ist, daß man dieselben entweder zu tief oder in zu üppigen Boden setzt. Die Rabatten für Fruchtbäume sollen höher als das Land ringsum seyn und brauchen selten mehr als 2–2½ Fuß Bodentiefe zu haben, unter welcher Tiefe der Boden undurchdringlich für die Wurzeln gemacht werden soll. Der Untergrund soll in allen Fällen trocken seyn und wenn er es nicht von Natur ist, so muß durch eine wirksame Drainage dafür gesorgt werden. Beim Pflanzen soll der Baum stets etwas aufgehoben, die Wurzeln in eine möglichst horizontale Lage gebracht und bei trockenem Wetter eingeschlemmt werden; der Boden soll auch beim Pflanzen so locker und mürbe als möglich seyn, damit die Wurzeln sich vollkommen ausbreiten können; die meiste und beste Nahrung erhalten dieselben nahe an der Oberfläche.





Verantw. Red.: Ed. Lucas in Hohenheim. – Stuttgart, Verlag von Franz Köhler; Druck von C. Greiner.

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_072.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)