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Blattfläche und sind ungemein langgespitzt und doppelt gesägt, mit scharfen in einen grünen Krautstachel auslaufenden Sägezähnchen. Ich erntete von einer mittelstarken dieses Frühjahr erhaltenen Pflanze über 40 der herrlichsten dunkelrothen Beeren, die in ihrer Größe denen der Fastolff sehr wenig nachstanden, in der Güte ihnen gleichkamen.

Ueber die Victoria-Himbeere sagt Bavay in den Annales de Pomologie, wo diese Sorte abgebildet ist, daß diese köstliche Sorte aus England stamme und als die späteste Remontant-Himbeere (eine andere Bezeichnung der Monats-Himbeere) zu betrachten sey; sie trägt im Juli nur wenig, dagegen zeigt sie eine sehr große Fruchtbarkeit vom August bis November. Die Stengel sind rund, hellgrün, auf der Sonnenseite geröthet und wenig mit dünnen Stacheln versehen. Die Blätter sind dreiblätterig, oben dunkelgrün, unterhalb filzig, die Blättchen herzförmig, stumpf gezähnt. Die Früchte sind groß, roth, zahlreich im Herbste, etwas sammtartig, von sehr angenehmem obgleich etwas säuerlichem Geschmacke. Sie wird wegen ihrer späten Reife in den deutschen Gärten ebenfalls einen warmen geschützten Standort verlangen.

Was nun die Kultur der Himbeere anbelangt, so wendet man neuerdings weit mehr Fleiß und Sorgfalt auf dieselbe als früher, und Dittrich’s Rath (s. Handbuch III. p. 623) „da dieser Strauch den Boden stark aussauge, ihn an einen abgesonderten Platz, wozu jeder schattige Winkel des Gartens tauglich sey, zu pflanzen“ wird von den neueren Cultivateuren schwerlich mehr befolgt werden. Allerdings findet man in Folge der gewöhnlichen Kultur in vielen Gärten noch wahre Wildnisse, statt ordentlich angelegter und gut erhaltener Himbeerbeeten, und trotzdem trägt dieser Strauch auch da, wenn nur der Boden fleißig gelockert und von Zeit zu Zeit gedüngt wird, reichliche und gute Früchte. Allein es ist ein ungeheurer Unterschied zwischen dem Ertrag bei der gewöhnlichen, und dem bei den neueren Kulturen, die den Lebensbedingungen dieses Strauches weit mehr Rechnung tragen.

Bei der Kultur kommen vorzüglich folgende Punkte in Betracht, die Anpflanzung, die Verjüngung resp. Rotation der Beete, Hülfsmittel zur Förderung des Wuchses der Sommertriebe und die Düngung, der Schnitt und das Anheften.

Ich will hier vier neuere Kulturangaben kurz neben einander stellen, die in Einzelnheiten abweichend, denselben Zweck erstreben und von denen jede eigenthümliche Vortheile bietet.

Vorher noch eine kurze Bemerkung über die verschiedenen Verzweigungen dieses Strauches. Der Himbeerstrauch hat folgende drei Arten von Verzweigungen: 1) Wurzeltriebe, die im Frühjahr aus den Wurzelknospen hervorkommenden Schößlinge; 2) Wurzelzweige, dieselben, wenn sie im zweiten Jahre stehen und Fruchttriebe tragen; 3) Fruchttriebe oder gemischte Triebe, mit Blättern und Blüthen versehene Verzweigungen der Wurzelzweige.

a. Kultur nach Dubreuil’s Cours d’arboriculture.

Anpflanzung. Man pflanzt die Stöcke entweder in fortlaufender Reihe auf einer Rabatte freistehend, oder am Fuße niederer, gegen Norden gelegener, Mauern. Es wird mitten auf dem Beet ein Graben von 1½′ Breite und 1¼′ Tiefe geöffnet und auf den Boden desselben, je 1¼′ entfernt, die Himbeeren gepflanzt und nur so

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_055.jpg&oldid=- (Version vom 22.2.2021)