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Bemerkungen über die wichtigsten Tiroler Apfelsorten,
vom Herrn Carl von Zallinger in Botzen.




1. Weißer Rosmarin-Apfel. Dieses ist unstreitig hier der edelste Apfel; seine Heimath ist Botzen und Meran, wo er einen nicht unbedeutenden Handels-Artikel bildet. Unter Botzen gegen Trient, gedeiht er schon wenig mehr; im südlichern Theile von Tyrol, von Botzen abwärts, liegt überhaupt die Obstbaumzucht ganz darnieder, man hat sehr wenige und schlechte Früchte; Birnen gibt es bessere, allein Aepfel sind selten und der Weiße Rosmarinapfel wird dort nicht gepflanzt. Es wurden schon nach allen Richtungen hin Rosmarinapfel-Bäume versendet, allein nirgends entsprechen die Früchte so, wie in Meran und Botzen; in Brixen gedeiht der Baum schon nimmer so gut; das heißt er wächst wohl, aber die Frucht ist nicht so edel wie hier. Daher ist auch der Preis hier stets sehr hoch. Wenn 100 Stücke nur 6 fl. Münze kosten, kann man den Preis als Mittelpreis annehmen, man mußte schon 10 bis 12 fl. für das 100 Stücke zahlen; freilich sind das schöne große Exemplare, die kleineren kosten circa 1 fl. 30 kr. Die Bäume aus den Baumschulen kosten, wenn sie 2- oder 3jährig veredelt sind, 1 fl. 30 kr. bis 2 fl. und die Nachfrage wird immer stärker, so daß der Vorrath den Bedarf nicht deckt. Der Baum wächst schnell, besonders die ersten 10–15 Jahre, er trägt früh, blüht früher als der Borsdorfer, und ist vom Reif oft gefährdet, er wird sehr hochästig, treibt wenig Seitentriebe, verträgt die Kugelform nicht, sondern will in die Höhe schießen. — Die wahre edle Frucht ist sehr oval. Im Pinschgau, wo es kälter ist, wird er breiter und mehr geröthet, bei uns bleibt er meistens ohne Färbung, oder mit sehr zartem Anflug von Röthe, weiß gelblich. Es ist entschieden für Botzen und Meran der einträglichste Apfel, der bis Rußland versendet wird und stets den besten Absatz hat.

2. Der Halbweiße Rosmarinapfel kommt obigem am ähnlichsten; er ist stets kleiner, der Baum trägt aber auch ungeheuer viel, daher die Exemplare kleiner bleiben; er ist mehr geröthet auf einer Seite als der echte Rosmarin, hat ähnlichen Geschmack und Form. In Jahren wo der weiße selten ist, werden viele halbweiße für weiße verkauft. Er hat nur helle röthliche Färbung an der Sonnenseite, mit zarten flammenartigen Streifen, die der echte Weiße Rosmarin niemals hat. Der Geschmack ist süß weinsauer; der Apfel erhält sich bis März und April. Der Baum hat mit dem weißen viele Aehnlichkeit, er strebt hoch, hat wenig Seitentriebe, sieht leer aus, die Früchte sind sehr gedrängt hart an einander. Im 6ten Jahre nach dem Setzen im Standorte trug mir einer 750 Stücke. Es ist ein sehr dankbarer Baum; seine Blüthezeit fällt in jene des weißen; der Preis der Früchte fällt mit dem der mittlern weißen R. zusammen, circa 1 fl. bis 1 fl. 30 kr. das 100 Stücke, theurer nie, weil die Früchte zu klein sind, und nicht jenes wunderschöne Ansehen haben, welches zu einem höhern Preise berechtigt.

3. Maschanzker oder Edler Winterborsdorfer; er trägt nur alle zwei Jahre aber strotzend viel, und ist eine hier sehr geschätzte, edle Frucht, noch ausgebreiteter als der

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_023.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)