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Quitte oder Johannisstamm stehenden Zwergstämmen, Spalierbäumen etc. beobachten zu können und hiernach Beschreibungen und Abbildungen lieferte, während doch nicht nur der Einfluß fremdartiger Unterlagen auf die Frucht unverkennbar, sondern auch die Einwirkung auf die Früchte der Topfbäumchen etc. durch die Stellung derselben, mehr oder minder nahrhaften Guß, Ausbrechen der Früchte etc. von großer Bedeutung ist und von der Willkür des Obstzüchters abhängt, daher auch nur Früchte vom Hochstamm auf Wildling stehend zur Beschreibung und Abbildung brauchbar seyn können, zugleich aber auch eine mehrjährige Beobachtung der Früchte einer Sorte dazu gehört, um eine richtige Beschreibung und Abbildung derselben zu liefern;

ad 3) daß man fast überall von der großen Verschiedenheit der Form der Früchte eines Baumes liest; daß der Eine nur große Früchte für vollkommene hält; der Andere von einem Bauch und Rücken des Apfels spricht, (obschon ein solcher Gegensatz, der Konstruktion der Frucht nach, gar nicht stattfinden kann) wieder ein Anderer die Ungleichheit der Hälften der Frucht oder die Unregelmäßigkeit des Kernhauses, als Kennzeichen annimmt etc.; daß die meisten, selbst die kostbarsten Kupferwerke über Kernobstsorten, und nicht weniger die Nachbildungen derselben in Wachs, Papiermasse etc., in großer Zahl Abbildungen von unvollkommenen, mißgebildeten, oder monströsen Früchten enthalten, und daher, und weil sie die Form der Frucht nur selten rein darstellen, und das Wesentliche oft gar nicht sichtbar wird, nur wenig brauchbar sind; daß oft unreife, mithin unvollkommene Früchte zur Beschreibung und Abbildung gewählt wurden etc. etc.; während doch nur eine völlig naturgemäß ausgebildete Frucht, als vollkommen angesprochen werden kann, und unter gehöriger Berücksichtigung dessen jede Sorte eine Normalform besitzt;

ad 4) daß der Eine etwas mehr oder weniger Färbung, der Andere die Größe, der Dritte eine fettige Schale, der Vierte einen offenen, halb- oder ganz geschlossenen Kelch, der Fünfte Größe oder Enge des Kernhauses (ohne diese Begriffe genau festzustellen) etc. für hinlänglich zu Unterscheidung der Sorten oder Ordnungen hält, während alles dieses, bei genauer Betrachtung, theils als unwesentlich, theils als von der Behandlung und also von der Willkür des Obstzüchters abhängig, zur Klassifikation unbrauchbar ist.

Nimmt man nun noch dazu, daß man bei den seitherigen Bearbeitungen der Kernobstsorten nur selten angegeben hat, unter welchen Localumständen die Früchte erbaut worden; welche zu der Beschreibung und Abbildung gedient haben, und oft durch stillschweigende Annahme und Abkürzung der Diel’schen Beschreibungen, der Leser veranlaßt wird zu glauben, daß diese Beschreibungen von dem Verfasser der Schrift nach seinen Beobachtungen gemacht, oder wenigstens bestätigt gefunden worden seyen; überzeugt man sich, daß man nicht einmal die für die Klassen und Ordnungen aufgestellten Kennzeichen bei Einordnung der Sorten festgehalten, ja zuweilen eben diese Kennzeichen wieder als nicht specifisch erklärt hat; bemerkt man, wie unglücklich Diel und manche andere Pomologen in der Vergleichung gewisser Sorten mit anderen bekannten waren, und wie das Studium der Kernobstkunde selbst durch die fehlerhafte, jede Uebersicht erschwerende Eintheilung und Ausführung der namhaftesten Obstwerke, namentlich Diel’s und Dittrich’s, erschwert wird; bedenkt man, wie leichtsinnig man bei der Benennung neuer

Empfohlene Zitierweise:
Ed. Lucas, J. G. C. Oberdieck (Hrsg.): Monatsschrift für Pomologie und praktischen Obstbau I. Franz Köhler, Stuttgart 1855, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pomologische_Monatshefte_Heft_1_020.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)