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Anschauung und Geringschätzung, mit der man in jener Periode und in gewissen Kreisen, namentlich den bureaukratischen, auf jede archivalische Thätigkeit herabsah.

Nichtsdestoweniger und vielleicht jetzt erst recht blieb Dr. Schreiber, wenn auch nicht nominell, aber de facto, der eigentliche Archivar der Stadt; aber seine Thätigkeit fand ihren Schwerpunkt weniger in der Neuordnung der Bestände, als in der Bearbeitung eines Urkundenbuchs, das er seiner Geschichte der Stadt Freiburg vorausschickte. Schon 1828 konnte zur Herausgabe desselben geschritten werden, da der Stadtrath hiezu eine Beihilfe von 500 fl. aus Stadtmitteln leistete, eine Ausgabe, die nachher von der staatlichen Revisionsbehörde als eine durchaus unnöthige Verwendung städtischer Gelder dem Stadtrath zum schweren Vorwurf gemacht wurde. Das Urkundenbuch brachte nun in zwei umfangreichen Octavbänden, je 600 Seiten, nebst paläographischen, sphragistischen und numismatischen Abbildungen eine Auslese der in den drei getrennten Archiven enthalten gewesenen wichtigeren Urkunden bis 1500, wobei jedoch zu erwähnen ist, dass der Herausgeber leider nicht alle Urkunden zu Gesicht bekommen haben kann, da verschiedene, für die Stadtgeschichte werthvolle Stücke, selbst aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, nicht darin aufgenommen sind. Offenbar verwandte er seine Hauptaufmerksamkeit auf das Münster, während das Chaos in den beiden Gewölben des Rathshofes sich einer eingehenden Untersuchung nicht zu erfreuen hatte. Es blieb darum dort auch, so lange Dr. Schreiber das Archiv leitete, so ziemlich in gleichem Zustande, was innere Organisation anbetrifft; aber für die äussere Ordnung geschah schon allein dadurch Vieles, dass er die in diesen Gewölben und auch im Kaufhaus zerstreuten 507 Bände Raths- und Fertigungsprotokolle binden liess, wo solches noch nicht geschehen war, und in dem ihm als Arbeitsbureau überlassenen Gemach des Seitenflügels im Rathshof chronologisch geordnet aufstellte, auch die nöthigen baulichen Reparaturen in den verschiedenen Archivlokalen vornehmen liess und insbesondere das Münsterarchiv mit neuen transportabeln Kästen nach dem St. Blasianer-System versah. Ferner sammelte er die in Privathänden befindlichen Urkunden wieder in’s Archiv zurück und vereinigte die vom Provinzialarchiv reklamirten städtischen Archivalien mit dem Kaufhausarchiv. Dagegen fand noch unter seiner Aufsicht in Folge der neuen Gemeinde-Verfassung 1833 eine grössere Extradirung

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Adolf Poinsignon: Rückblicke auf die Vergangenheit des Stadtarchivs zu Freiburg im Breisgau. Theodor Ackermann, München 1895, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Poinsignon_-_Rueckblicke_15.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)