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Lehen erstreckten, wurden aufgehoben und deren gesammte Urkunden aus den Schlössern Kirchgarten und Betzenhausen, wo die städtischen Vögte bisher residirt hatten, in’s Kaufhaus gebracht. Ein Bericht des Archivars Weiss vom 7. März 1807 wegen Neuordnung dieses Archives beginnt mit den wenig erbaulichen Worten: „Die längere Zeit hin und her und durcheinander geworfenen Akten im Kaufhaus-Archiv“ und schildert dann die traurige Verfassung, in der sich dasselbe in Folge der vorgegangenen Veränderungen dermalen befinde.

Dort im Kaufhause wurde nun allerdings bald Hilfe gebracht, indem mit Beizug eines Kanzlisten und zweier Handlanger ein neues Repertorium angelegt und die Bestände darnach geordnet wurden. Aber für das Rathhausarchiv scheint man in Voraussicht der Nutzlosigkeit eines solchen Beginnens, so lange kein Raum hiefür geschaffen wäre, von vornherein abgestanden zu sein. Da ausserdem die städtische Registratur als Lokal für den Verhörrichter des Grossherzoglichen Stadtvogtei-Amtes dienen musste, auch andere staatliche Behörden, wie z. B. das Hofgericht und das Kreisdirectorium ohne Weiteres einzelne Bestandtheile des Stadtarchives durch ihre eigenen Bediensteten erheben liessen, auch der Stadtdirector sich fast als unumschränkten Herrn des Rathshofes gerirte, blieb für das Archiv zunächst kein Heil zu erwarten. Es blieb also, wie es war.

In diesem Zustande fand Dr. H. Schreiber, Universitätsbibliothekar zu Freiburg, noch anno 1822 das Archiv, als er sich entschlossen hatte, eine Geschichte der Stadt Freiburg zu verfassen.

Im Münster, wo verhältnissmässig am wenigsten die Einflüsse von aussen sich bemerklich machen konnten, hatte indessen der Zahn der Zeit das Seinige gethan, um ein betrübendes Bild dem Forscher vor Augen zu führen. Die sehr alten und morsch gewordenen Kasten waren zum Theil zusammengebrochen. Alles aber war mit einer dicken Staubschichte überzogen; Vieles war im Verlauf der Zeit zu vorübergehendem Gebrauch auf die Registratur in’s Rathhaus gekommen, aber nicht wieder zurückgebracht worden; viele wichtige Urkunden, darunter selbst der Original-Uebergabs-Vertrag an das Haus Oestreich, befanden sich in Privathänden; eine ganze Menge Raths- und Fertigungsprotokolle und ältere Einzelurkunden vom 14. Jahrhundert an waren unrechtmässiger Weise vom Stadtamt an das inzwischen auf dem Predigerthor eingerichtete

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Poinsignon: Rückblicke auf die Vergangenheit des Stadtarchivs zu Freiburg im Breisgau. Theodor Ackermann, München 1895, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Poinsignon_-_Rueckblicke_13.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)