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der Stadt kommt hier nur dasjenige des hl. Geistspitals, und von den ausserhalb der Mauern liegenden nur dasjenige des Gutleuthauses oder der „Siechen an dem Velde“ in Betracht, da diese beiden, später vereinigt durch ein besonderes Geschick, in unserem Jahrhundert mit dem Stadtarchiv in die engste Verbindung traten.

Unter den neben einander selbstständig bestehenden öffentlichen Kanzleien und damit verbundenen Registraturen des Rathshofes, des Kaufhauses und der Gerichtslaube war die erstere jedenfalls die wichtigste und dem Inhalt der dort angesammelten Urkunden nach in geschichtlicher Beziehung die bedeutendste. Die persönliche Verantwortlichkeit für die Integrität des dort lagernden Urkundenmaterials trug der jedesmalige Stadtschreiber, der juristische Kenntnisse haben musste, meistens auch die Doctor- oder Magisterwürde besass und mehr das Amt eines Kanzlers als eines Schreibers bekleidete. Sein Diensteid, der mit den andern Eidesformeln für die einzelnen Stadtämter in einem eigenen Eidbuch enthalten ist, verlangte von ihm, dass er Niemand ausser den Kanzleibediensteten den Zutritt zu seiner Amtsstube und noch weniger den Einblick in das seiner Obhut anvertraute Urkundenmaterial ohne specielle Genehmigung des Raths gestatte. Als mit der Zeit die Menge sich mehr und mehr häufte, mochte man doch für eine grössere Sicherheit wenigstens der werthvolleren Urkunden, der Kaiserurkunden und sonstigen Privilegien und Verträge, einigermassen besorgt sein, und so war es ganz natürlich, dass man sich nach einem Raume umsah, wo dieselben sowohl vor Feuersgefahr als Entwendung oder Verschleppung sicherer geborgen gewesen wären als auf der Rathskanzlei. Nun gab es in ganz Freiburg kein Gebäude, das sich hiezu in jeder Hinsicht besser geeignet hätte, als das Münster mit seinen feuer- und diebessicheren Gelassen im Seitenbau des Chores. Die Stadt war sogar Miteigenthümerin des Münsters, aber — der andere Miteigenthümer war der Graf. Wohl darum haben wir aus der Grafenzeit selbst keinerlei Andeutung, dass dort wirklich städtische Urkunden untergebracht gewesen wären. Erst vom Jahre 1414 Juni 8. belehrt uns dessen eine Aufzeichnung mit den Worten: „und lit die geschrifft und die brieffe, worumb Valckenstein die vesti gebrochen wart (1390) in den henen in einem schindellädly“ — Hähne hiessen nämlich im Volksmund die beiden Thürme des romanischen Mittelbaues am Münster, welche den Chor zu beiden Seiten abschliessen, die heutigen

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Adolf Poinsignon: Rückblicke auf die Vergangenheit des Stadtarchivs zu Freiburg im Breisgau. Theodor Ackermann, München 1895, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Poinsignon_-_Rueckblicke_05.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)