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wäre daher auch dieser Attribute, wäre der gesamten Unterscheidung und Entgegensetzung des „Wahren“ und „Falschen“ nicht mächtig[1]. Für Hobbes ist daher die Sprache nur insofern eine Quelle des Irrtums, als sie zugleich, gemäß seiner nominalistischen Grundansicht, die Bedingung der begrifflichen Erkenntnis überhaupt, somit die Quelle aller Allgemeingültigkeit und aller Wahrheit ist.

In Berkeleys Kritik der Sprache und der Erkenntnis scheint dagegen jetzt dem Allgemeinen auch diese letzte Stütze entzogen zu werden und damit die Methodik des Rationalismus, die bei Hobbes überall noch unverkennbar fortwirkt, erst endgültig widerlegt und entwurzelt zu sein. Aber indem jetzt das System Berkeleys von diesen seinen ersten Anfängen fortschreitet und sich weiter und weiter auszubauen strebt – vollzieht sich in ihm selbst noch einmal eine eigenartige Rückkehr und Umwendung. Es ist, als ob jetzt die anfänglich bestrittene, die gewaltsam zurückgehaltene Kraft des „Logos“, der in der Sprache lebendig ist, sich allmählich befreite und dem Zwange des sensualistischen Schemas, in das Berkeley alles Sprechen und Denken einzuspannen versuchte, entgegenwirkte. Unvermerkt und schrittweise wird Berkeley von der Betrachtung und Analyse der Funktion des Zeichens und von der neuen positiven Wertung aus, die das Zeichen für ihn gewinnt, zu einer veränderten Grundauffassung der Erkenntnis hingedrängt. Er selbst vollzieht jetzt, insbesondere in seiner letzten Schrift, der Siris, die entscheidende Wendung: er löst die „Idee“ aus all ihren sensualistisch-psychologischen Verflechtungen und führt sie zu ihrer Platonischen Grundbedeutung zurück. Und in dieser letzten Phase seines Systems gewinnt nun auch die Sprache wieder eine beherrschende, eine wahrhaft zentrale Stellung. Wenn zuvor der Wert der Sprache aus allgemeinen Gründen der Berkeleyschen Psychologie und Metaphysik bestritten wurde – so stehen wir, in der endgültigen Gestalt eben dieser Metaphysik, vor dem merkwürdigen Schauspiel, daß sich hier alle Wirklichkeit, die geistige wie die sinnliche, vielmehr in Sprache verwandelt. Denn jetzt hat sich die sinnliche Weltansicht selbst mehr und mehr in eine rein symbolische umgestaltet. Was wir als die Wirklichkeit der Wahrnehmungen und als die der Körper bezeichnen – das ist, tiefer erfaßt und verstanden, nichts anderes als die sinnliche Zeichensprache, in der sich ein allumfassender unendlicher Geist unserem endlichen Geiste mitteilt[2]. In dem Ringen zwischen Metaphysik und Sprache ist daher


  1. [1] A. a. O. De homine, Cap. IV: Verum et Falsum attributa sunt non rerum, sed Orationis; ubi autem Oratio non est, ibi neque Verum est neque Falsum.
  2. [2] Nähere Ausführungen und Belege s. in m. Schrift über das Erkenntnisproblem, II, 315 ff.
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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/95&oldid=- (Version vom 14.9.2022)