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successiven Synthesis vollenden und darstellen. Sollen bestimmte Elemente zu einem räumlichen Ganzen vereinigt werden, so müssen sie zuvor im Nacheinander des Bewußtseins durchlaufen und gemäß einer bestimmten Regel aufeinander bezogen werden. Weder die sensualistische Psychologie der Engländer, noch die metaphysische Psychologie Herbarts hat freilich begreiflich zu machen vermocht, wie aus dem Bewußtsein der zeitlichen Verknüpfung das der räumlichen entsteht – wie aus der bloßen Folge von Gesichts-, Tast- und Muskelempfindungen oder aus einem Komplex einfacher Vorstellungsreihen das Bewußtsein des „Beisammen“ sich bildet. Aber das eine ist jedenfalls in diesen Theorien, die von ganz verschiedenen Ausgangspunkten herkommen, übereinstimmend anerkannt, daß der Raum in seiner konkreten Gestaltung und Gliederung nicht als fertiger Besitz der Seele „gegeben“ ist, sondern daß er erst im Prozeß des Bewußtseins und gleichsam in seiner Gesamtbewegung für uns zustande kommt. Nun würde aber eben dieser Prozeß selbst für uns in lauter isolierte, gegeneinander beziehungslose Einzelheiten zerfallen und daher gar nicht die Zusammenfassung zu einem Ergebnis erlauben, wenn nicht auch hier die allgemeine Möglichkeit bestünde, das Ganze bereits im Element, wie das Element im Ganzen zu erfassen. Der „Ausdruck des Vielen im Einen“, die multorum in uno expressio, als welche Leibniz das Bewußtsein überhaupt charakterisiert, tritt somit auch hier bestimmend hervor. Zur Anschauung bestimmter räumlicher Gebilde gelangen wir nur, indem wir einerseits Gruppen sinnlicher Wahrnehmungen, die sich im unmittelbaren sinnlichen Erlebnis wechselseitig verdrängen, in einer Vorstellung vereinigen und indem wir andererseits diese Einheit wieder in die Verschiedenheit ihrer einzelnen Komponenten auseinandergehen lassen. In solchem Wechselspiel der Konzentration und der Analyse baut sich erst das räumliche Bewußtsein auf. Die Gestalt erscheint hierbei ebensowohl als mögliche Bewegung, wie die Bewegung als mögliche Gestalt erscheint.

Berkeley hat in seinen Untersuchungen zur Theorie des Sehens, die einen Anfangspunkt der modernen physiologischen Optik bilden, die Entwicklung der Raumwahrnehmung der Entwicklung der Sprache verglichen. Es ist eine Art natürliche Sprache, d. h. eine feste Zuordnung von Zeichen und Bedeutungen, durch die nach ihm die räumliche Anschauung erst gewonnen und erst befestigt werden kann. Nicht indem wir ein fertig-vorhandenes dingliches Urbild des „absoluten Raumes“ in unserer Vorstellung abbilden, sondern indem wir die verschiedenen, an sich unvergleichlichen Eindrücke der mannigfachen Sinnesgebiete, insbesondere

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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/50&oldid=- (Version vom 20.8.2021)