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Scheidung in eine besondere Personen- und Sachenklasse und die Zuordnung der einzelnen Gegenstände zu je einer dieser beiden Klassen nicht lediglich nach „objektiven“ Kriterien erfolgt, sondern daß hier das begrifflich-logische Gefüge der Wirklichkeit, wie es sich in der Sprache darstellt, mit rein subjektiven, nur im unmittelbaren Gefühl zu erfassenden Unterschieden noch ganz durchsetzt und erfüllt ist. Niemals wird diese Zuordnung durch bloße Wahrnehmungs- oder Urteilsakte, sondern immer zugleich durch Affekt- und Willensakte, durch Akte der inneren Stellungnahme bestimmt. Es ist demgemäß eine häufige Erscheinung, daß der Name eines Dinges, das an sich der Sachenklasse angehört, in die Personenklasse übertritt, um damit den Gegenstand, von dem die Rede ist, nach seinem Wert und seiner Wichtigkeit herauszuheben und ihn als besonders bedeutsam zu kennzeichnen[1]. Selbst in Sprachen, die in ihrer uns bekannten gegenwärtigen Struktur den Unterschied der Nomina nach dem natürlichen Geschlecht durchgeführt haben, schimmert in dem Gebrauch, den sie von ihm machen, oft noch deutlich durch, daß er auf eine ältere Unterscheidung der Personen- und Sachenklasse, die zugleich als eine Wertunterscheidung empfunden wurde, zurückgeht[2]. So eigentümlich solche Phänomene auf den ersten Blick erscheinen mögen, so bekundet sich doch in ihnen nur das Grundprinzip der sprachlichen Begriffsbildung


  1. [1] In der Gola-Sprache in Liberia erhält (nach Westermann, Die Gola-Sprache, S. 27) ein Hauptwort, dem eigentlich ein anderes Präfix zukommt, häufig das o-Präfix der Menschen- und Tierklasse, wenn es als ein besonders großer, hervorragender, wertvoller Gegenstand hervorgehoben werden soll, der um dieser Eigenschaften willen in die Klasse der lebenden Wesen versetzt wird: „so sagt man neben kesie Ölpalme auch osie, dadurch diese Palme als einen der wichtigsten Bäume auszeichnend, kekul Baum, aber okul ein besonders großer schöner Baum; ebu Feld, aber obuo das große, üppig stehende Feld. Die gleiche Versetzung in die o-Klasse findet auch bei Bäumen oder anderen Gegenständen statt, die im Märchen redend oder handelnd auftreten.“ In den Algonkin-Sprachen werden häufig kleine Tiere der Klasse der „unbelebten“ Gegenstände, dagegen bestimmte besonders wichtige Pflanzenarten der Klasse der „belebten“ Gegenstände zugerechnet, s. ob. S. 270 und Boas’ Handbook I, 36.
  2. [2] Charakteristische Beispiele hierfür werden von Meinhof und Reinisch aus dem Bedauye angeführt, wo z. B. ša’ die Kuh, als Hauptstütze des gesamten Hauswesens, masculini generis, dagegen ša’ das Fleisch ein Femininum ist, da es von minderem Belang ist (S. Meinhof, Die Sprachen der Hamiten, S. 139). Auch in den Semitensprachen hat – nach Brockelmann, Grundriß I, 404 ff. – die Unterscheidung der Nomina in die Genera des Masculinum und Femininum mit dem natürlichen Sexus wahrscheinlich von Hause aus nichts zu tun; vielmehr liegt auch hier eine ursprüngliche Rang- und Wertunterscheidung zugrunde, die im Gebrauch des Femininums als Deteriorativ- und Deminutivform noch in Resten erkennbar ist. Vgl. bes. Brockelmann, Grundr. II, 418 ff. und Kurzgef. vergl. Grammat., S. 198 ff.
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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/288&oldid=- (Version vom 18.3.2023)