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sprachlichen Denkens, die Funktion des mythisch-religiösen Denkens und die Funktion der künstlerischen Anschauung derart zu begreifen, daß daraus ersichtlich wird, wie in ihnen allen eine ganz bestimmte Gestaltung nicht sowohl der Welt, als vielmehr eine Gestaltung zur Welt, zu einem objektiven Sinnzusammenhang und einem objektiven Anschauungsganzen sich vollzieht.

Die Kritik der Vernunft wird damit zur Kritik der Kultur. Sie sucht zu verstehen und zu erweisen, wie aller Inhalt der Kultur, sofern er mehr als bloßer Einzelinhalt ist, sofern er in einem allgemeinen Formprinzip gegründet ist, eine ursprüngliche Tat des Geistes zur Voraussetzung hat. Hierin erst findet die Grundthese des Idealismus ihre eigentliche und vollständige Bewährung. Solange die philosophische Betrachtung sich lediglich auf die Analyse der reinen Erkenntnisform bezieht und sich auf diese Aufgabe einschränkt, solange kann auch die Kraft der naiv-realistischen Weltansicht nicht völlig gebrochen werden. Der Gegenstand der Erkenntnis mag immerhin in ihr und durch ihr ursprüngliches Gesetz in irgendeiner Weise bestimmt und geformt werden – aber er muß nichtsdestoweniger, wie es scheint, auch außerhalb dieser Relation zu den Grundkategorien der Erkenntnis als ein selbständiges Etwas vorhanden und gegeben sein. Geht man dagegen nicht sowohl vom allgemeinen Weltbegriff, als vielmehr vom allgemeinen Kulturbegriff aus, so gewinnt damit die Frage alsbald eine veränderte Gestalt. Denn der Inhalt des Kulturbegriffs läßt sich von den Grundformen und Grundrichtungen des geistigen Produzierens nicht loslösen: das „Sein“ ist hier nirgends anders als im „Tun“ erfaßbar. Nur sofern es eine spezifische Richtung der ästhetischen Phantasie und der ästhetischen Anschauung gibt, gibt es ein Gebiet ästhetischer Gegenstände, – und das Gleiche gilt für alle übrigen geistigen Energien, kraft deren für uns die Form und der Umriß eines bestimmten Gegenstandsbereichs sich gestaltet. Auch das religiöse Bewußtsein bildet – so sehr es von der „Realität“, von der Wahrheit seines Gegenstandes überzeugt ist – diese Realität nur auf der untersten Stufe, nur auf der Stufe eines rein mythologischen Denkens, in eine einfache dingliche Existenz um. Auf allen höheren Stufen der Betrachtung dagegen ist es sich mehr oder minder deutlich bewußt, daß es seinen Gegenstand nur dadurch „hat“, daß es sich in einer durchaus eigenartigen, ihm allein zugehörigen Weise auf ihn bezieht. Es ist eine Art des Sich-Verhaltens, es ist die Richtung, die sich der Geist auf ein gedachtes Objektive gibt, in welcher hier die letzte Gewähr eben dieser Objektivität selbst enthalten ist. Das philosophische Denken tritt all diesen Richtungen gegenüber

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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/27&oldid=- (Version vom 4.8.2020)