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denen die Bildung der sprachlichen Begriffe beruht. Wenn der Mond im Griechischen als der „Messende“ (μήν), im Lateinischen als der „Leuchtende“ (luna, luc-na) bezeichnet wird, so ist hier ein und dieselbe sinnliche Anschauung unter ganz verschiedene Bedeutungsbegriffe gerückt und durch sie bestimmt. Die Art, in der diese Bestimmung in den einzelnen Sprachen erfolgt, scheint freilich, eben weil es sich hier um einen höchst komplexen, von Fall zu Fall wechselnden geistigen Prozeß handelt, keiner allgemeinen Darstellung mehr fähig zu sein. Hier scheint nur übrig zu bleiben, sich mitten in die unmittelbare Anschauung der Einzelsprachen selbst zu versetzen, und das Verfahren, dem sie folgen, statt es in einer abstrakten Formel zu beschreiben, unmittelbar an und in den besonderen Phänomenen nachzufühlen[1]. Aber wenn die philosophische Analyse niemals den Anspruch erheben darf, die besondere Subjektivität, die sich in den Sprachen ausdrückt, zu erfassen, so bleibt doch gleichsam die allgemeine Subjektivität der Sprache für sie ein Problem. Denn wie die Sprachen sich untereinander durch je einen besonderen „Standpunkt der Weltansicht“ unterscheiden, so gibt es andererseits eine Weltansicht der Sprache selbst, kraft deren sie sich aus dem Ganzen der geistigen Formen heraushebt und in der sie sich mit der Weltansicht der wissenschaftlichen Erkenntnis, der Kunst, des Mythos teils berührt, teils sich gegen sie abgrenzt.

Von der im engeren Sinne logischen Form der Begriffsbildung unterscheidet sich die sprachliche Begriffsbildung vor allem dadurch, daß in ihr niemals ausschließlich die ruhende Betrachtung und Vergleichung der Inhalte entscheidend ist, sondern daß die bloße Form der „Reflexion“ hier überall mit bestimmten dynamischen Motiven durchsetzt ist, – daß sie ihre wesentlichen Antriebe niemals allein aus der Welt des Seins, sondern immer zugleich aus der des Tuns empfängt. Die Sprachbegriffe stehen noch überall auf der Grenze zwischen Aktion und Reflexion, zwischen Tun und Betrachten. Hier gibt es kein bloßes Klassifizieren und Ordnen der Anschauungen nach bestimmten gegenständlichen Kennzeichen, sondern hier äußert sich, eben in dieser gegenständlichen Erfassung selbst, immer zugleich ein tätiges Interesse an der Welt und ihrer Gestaltung. Herder hat gesagt, daß dem Menschen die Sprache ursprünglich dasselbe gewesen sei, was ihm die Natur war: ein Pantheon,


  1. [1] Ein höchst interessanter und lehrreicher Versuch, diese Aufgabe zur Durchführung zu bringen, ist auf Grund eines außerordentlich reichen empirischen Materials von Byrne unternommen worden, s. General Principles of the structure of language, 2 vol., London 1885.
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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/268&oldid=- (Version vom 10.2.2023)