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Anschauungen läßt sich vielleicht darin erkennen, daß bisweilen in der Sprache der genitivische Ausdruck selbst noch mit einem besonderen Possessiv-Charakter behaftet erscheint, indem ein eigenes possessives Suffix zu einer ständigen und in keinem Falle zu vernachlässigenden Vervollständigung des Genetivverhältnisses gehört[1].

Auf einem anderen Wege nähert sich die Sprache dem Ausdruck der rein formalen Einheit des Ich, wenn sie, statt die Tätigkeit wesentlich nach ihrem objektiven Ziel und Ertrag zu kennzeichnen, auf den Ursprung des Tuns, auf das handelnde Subjekt zurückgeht. Dies ist die Richtung, die alle diejenigen Sprachen nehmen, die das Verbum als reines Tatwort betrachten und die Personenbezeichnung und -bestimmung an das persönliche Fürwort anknüpfen. Das Ich, Du, Er löst sich in ganz anderer Schärfe als das bloße Mein, Dein und Sein aus der Sphäre des Objektiven heraus. Das Subjekt des Tuns kann nicht mehr als bloßes Ding unter Dingen, oder als Inhalt unter Inhalten, erscheinen, sondern es ist der lebendige Kraftmittelpunkt, von dem die Handlung beginnt und von dem sie ihre Richtung empfängt. Man hat versucht, die Typen der Sprachbildung danach zu unterscheiden, ob sie die Bezeichnung des verbalen Vorgangs wesentlich unter dem Gesichtspunkt der Empfindung oder unter dem Gesichtspunkt der Tat vollziehen. Dort, wo der erstere Gesichtspunkt vorwalte, werde auch der Ausdruck des Tuns zu einem bloßen „es erscheint mir“ – während unter der Vorherrschaft des zweiten die umgekehrte Tendenz walte, auch noch das bloße Erscheinen in ein Tun umzudeuten[2]. In einer solchen Steigerung des Tätigkeitsausdrucks aber gewinnt nun auch der Ausdruck des Ich eine neue Fassung. Der dynamische Ausdruck der Ichvorstellung steht der Auffassung desselben als reine Formeinheit weit näher, als ein nominaler und gegenständlicher Ausdruck. Jetzt bildet sich das Ich in der Tat immer deutlicher zum reinen Beziehungsausdruck um. Wenn nicht nur alles Tun, sondern auch alles Erleiden, wenn nicht nur jede Handlung, sondern auch jede Zustandsbestimmung durch die personale Form des verbalen Ausdrucks an das Ich geknüpft und in demselben geeint erscheint – so ist dieses Ich selbst zuletzt nichts anderes mehr, als eben diese ideelle Mitte. Es ist kein eigener vorstellbarer oder anschaulicher Inhalt, sondern,


  1. [1] So im Türkischen, wo ein Ausdruck wie ‚das Haus des Vaters‘ so gestaltet ist, daß er eigentlich ‚des Vaters sein Haus‘ besagt, vgl. Aug. Müller, Türk. Grammat., S. 64; ähnlich in den finnisch-ugrischen Sprachen, vgl. H. Winkler, Das Ural-altaische u. seine Gruppen, S. 7 ff.
  2. [2] Näheres bei F. N. Finck, Die Haupttypen des Sprachbaus, S. 13 f.
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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/243&oldid=- (Version vom 8.1.2023)