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Bedeutung seien. In Versuchen zu einer logisch-systematischen Einteilung der verschiedenen Wortklassen findet sich häufig die Ansicht durchgeführt, daß das Pronomen keine selbständige Wortklasse mit eigenem geistigen Gehalt, sondern nur eine einfache lautliche Vertretung des Dingworts, des Substantivums sei; daß es somit nicht zu den eigentlich autonomen Ideen der Sprachbildung gehöre, sondern nur den Ersatz für ein anderes darstelle[1]. Aber schon Humboldt hat gegen diese „eng-grammatische Auffassung“ mit entscheidenden Gründen Einspruch erhoben. Er betont, daß es eine ganz unrichtige Vorstellung sei, das Pronomen als den spätesten Redeteil in der Sprache anzusehen: denn das Erste im Akte der Sprache sei die Persönlichkeit des Sprechenden selbst, der in beständiger unmittelbarer Berührung mit der Natur stünde und unmöglich unterlassen könne, ihr auch in der Sprache den Ausdruck seines Ich gegenüberzustellen. „Im Ich aber ist von selbst auch das Du gegeben, und durch einen neuen Gegensatz entsteht die dritte Person, die sich aber, da nun der Kreis der Fühlenden und Sprechenden verlassen wird, auch zur toten Sache erweitert[2].“ Gestützt auf diese spekulative Grundansicht hat sodann auch die empirische Sprachforschung vielfach den Versuch unternommen, die persönlichen Pronomina gleichsam als einen „Urfelsen der Sprachschöpfung“, als den altertümlichsten und dunkelsten, aber auch festesten und beharrlichsten Bestand aller Sprachen zu erweisen[3]. Wenn jedoch Humboldt in diesem Zusammenhang betont, daß das ursprünglichste Gefühl, das Ich, kein nachher erst erfundener, allgemeiner, diskursiver Begriff sein könne, so ist freilich andererseits zu erwägen, daß dieses ursprüngliche Gefühl nicht ausschließlich in der expliziten Bezeichnung des Ich als Pronomen der ersten Person gesucht werden darf. Die Sprachphilosophie würde vielmehr selbst in der von ihm bekämpften engen, logisch-grammatischen Ansicht stehen bleiben, wenn sie die Form und die Gestaltung des Ichbewußtseins lediglich an der Entwicklung dieser Bezeichnung messen wollte. In der psychologischen


  1. [1] Diese Auffassung des Pronomens als einer bloßen „idée suppléante“ wird z. B. vertreten von Raoul de la Grasserie, Du Verbe comme générateur des autres parties du discours, Paris 1914. – Der Name des „Pronomens“ oder der ἀντωνυμία bei den antiken Grammatikern geht auf diese Auffassung zurück: vgl. z. B. Apollonius de Syntaxi, L. II, cap. 5.
  2. [2] Humboldt, Einleit. zum Kawi-Werk (W. VII, 1, 103 f.); vgl. bes. die Abhandl. über den Dualis (W. VI, 1, 26 ff.) und über die Verwandtschaft der Ortsadverbien mit dem Pronomen (W. VI, 1, 304 ff.).
  3. [3] Jak. Grimm, Deutsche Grammatik I, 335 ff.; W. Scherer, Zur Gesch. der deutschen Sprache, S. 215.
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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/225&oldid=- (Version vom 10.12.2022)